In Zusammenarbeit mit der Welterberegion Wartburg Hainich

Eine gewaltige Schlossanlage, Blütenduft im Englischen Garten und barocke Theaterfreuden – noch heute prägt die Herrschaft früherer Herzöge das Stadtbild und das kulturelle Leben der Residenzstadt Gotha, die hübsch eingebettet liegt zwischen dem Thüringer Wald und dem Nationalpark Hainich. Eine Tour durch das Museumsensemble Barockes Universum auf Schloss Friedenstein.

Eine strahlend weiße Fassade, Rundbögen und gewaltige Ecktürme. So thront seit dem 17. Jahrhundert Schloss Friedenstein in Gotha. Mit Herzog Ernst dem Frommen hatte das Schloss im Stile des Frühbarock einen Erbauer, der Kunst liebte, die Wissenschaften förderte und mitten im Dreißigjährigen Krieg ein Staatswesen gründete, das für damalige Verhältnisse recht fortschrittlich war und europaweit Anerkennung erhielt. Hochrangige Fürsten und Staatsrepräsentanten kamen, um der herzoglichen Residenz ihren Besuch abzustatten. Preußenkönig Friedrich der Große und Kaiser Napoleon Bonaparte beispielsweise waren in späteren Zeiten geladen. Ob letzterer damals seinen Hut dort vergessen hat, ist nicht verbürgt. Nichtsdestotrotz ist eine originale Kopfbedeckung des französischen Kaisers eines der Ausstellungsstücke im Schlossmuseum, das im Nord- und Westflügel des Schlosses untergebracht ist. Weitere Ausstellungsobjekte, die von der 350-jährigen Sammlungstradition des Adelsgeschlechts zeugen, sind ein Elefant aus Gold und Silber, der aus der Hofgoldschmiede des bekannten Johann Melchior Dinglinger stammt sowie das Neue Münzkabinett, das originale Gold- und Silberprägungen von der Antike bis zur Neuzeit zeigt. Das Besondere: Das Museum präsentiert die Ausstellungsstücke in historisch bedeutsamer Kulisse. Prächtige barocke Stuckaturen, verspielte Ornamente im Stile des Rokoko, klassizistische Wandreliefs und eine große Ahnengalerie lassen die herzoglichen Gemächer, das Laubenzimmer und die Repräsentationsräume erstrahlen, durch die Museumsbesucher:innen bei ihrem Rundgang durch das Schlossmuseum wandeln.

Die Freude an der Kunst und die Sammelleidenschaft der Gothaer Herzöge manifestiert sich auch im Herzoglichen Museum, das sich am Fuß des Schlosses befindet und Kunst aus aller Welt präsentiert: Da gibt es ägyptische Mumien, antike Vasen, Goldschmuck aus China und Japan zu sehen. Und dann hängt da auch noch hochrangige Kunst! Beispielsweise von den niederländischen und deutschen Meistern Peter Paul Rubens und Caspar David Friedrich. Der eigentliche Höhepunkt der Dauerausstellung aber ist ein Gemälde, das eng mit Gotha verbunden ist: Das um 1480 entstandene Gothaer Liebespaar, das historisch verbürgte Personen zeigt, die sich trotz ihrer ungleichen Stellung am Hof innig lieben. 

In alten Schriften schmökern  

Neben den Künsten erblühten in Gotha auch die Wissenschaften. Gelehrte wie Voltaire und Goethe verkehrten am Hof. In der Herzoglichen Bibliothek aus dem Jahr 1647 ist die Anwesenheit früherer Geistesgrößen heute noch spürbar. Hier sind Drucke und Handschriften vom Mittelalter bis in die Gegenwart versammelt und zwei ganz besondere Schätze beherbergt: einen originalen Druck von Luthers Abhandlung „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ und eine arabische Handschrift aus dem frühen Mittelalter; beide wurden von der UNESCO in die Liste der Weltdokumentenerbe aufgenommen. Heute ist die Herzogliche Bibliothek eine Forschungsbibliothek, die im Rahmen von Führungen besichtigen werden kann. Wie wär’s beispielsweise mit einer abendlichen Tour während der Museumsnacht? 

Wissenswertes über den Menschen hält dann das Historische Museum bereit, das ebenfalls zum Museumsensemble Barockes Universum gehört und unter anderem mit archäologischen Funden aus prähistorischer Zeit beeindruckt. Im Museum der Natur im Westturm des Schlosses lädt eine interaktive Ausstellung vor allem Kinder und Jugendliche zum Mitmachen an. Und wen es danach raus zieht in die Natur, der kann genüsslich durch den ausgedehnten Herzoglichen Park mit Orangerie und Englischer Gartenanlage spazieren. 

Palmen, Feigenbäume und der Duft von frischen Zitronen – im Botanischen Garten von Schloss Friedenstein wachsen exotische Pflanzen © MGlahn
Palmen, Feigenbäume und der Duft von frischen Zitronen – im Botanischen Garten von Schloss Friedenstein wachsen exotische Pflanzen © MGlahn

Hinter den Kulissen im Ekhof-Theater

Was eine Schnellverwandlungsmaschine ist? Eine ausgeklügelte Konstruktion, die Kulissenwechsel in Windeseile erlaubt. Sie ist Teil der barocken Bühnentechnik des Ekhof-Theaters, das 1687 im Schloss Friedenstein errichtet wurde. Für die effektvollen barocken Theaterinszenierungen wurde sogar eine Wettermaschine angefertigt, die es donnern und stürmen ließ, wenn mal wieder der Wettergott mit Kapriolen in die Inszenierung fuhr. Auch heute noch kommt die hölzerne Bühnentechnik zum Einsatz. Allerdings nur während des Ekhof-Festivals, das jedes Jahr im Juli und August mit Stücken aus dem 18. Jahrhundert aufwartet. Im übrigen Jahr wird die kostbare Bühnenkonstruktion geschont, kann aber als begehbares Ausstellungsstück im Theatermuseum bewundert werden. Was Besucher:innen dabei erfahren: Das Ekhof-Theater ist das erste Hoftheater in Deutschland und gilt als die Wiege der modernen Theaterkultur. Gut zu wissen: Für weitere Bühnenfreuden sorgt das Schlosshof Open Air, das im Sommer den Innenhof des Schlosses in eine Konzertkulisse verwandelt. 

Intime Theaterfreuden: Gerade einmal 165 Personen passen in das historische Ekhof-Theater © MGlahn
Intime Theaterfreuden: Gerade einmal 165 Personen passen in das historische Ekhof-Theater © MGlahn

500 Jahre Reformation – auf Luthers Spuren wandeln in Gotha 

Auch außerhalb von Schloss Friedenstein können Besucher:innen zurück in eine andere Zeit reisen. Im rund 700 Jahre alten Augustinerkloster, dem ersten Kloster Thüringens, sind der gotische Kreuzgang, der Kapitelsaal und die Sakristei erhalten geblieben. 1515 bis 1516 hielt sich Martin Luther als Mönch in dem Kloster auf, kurz bevor er seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel an die Schlosskirche in Wittenberg schlug. Auf seiner Reise zum Reichstag nach Worms, wo Luther seine Thesen erneut vor Kaisern und Königen verteidigte, predigte der Reformator in der Kirche des Klosters. Und in der spätgotischen Margarethenkirche, dem ältesten Gebäude der Stadt, wurde schon 1522, also ein Jahr nach dem Reichstag, die Lehre des Reformators verkündet. Der Rundgang „Reformation hautnah“ führt zum Augustinerkloster und anderen Schauplätzen der Reformation, die dieses Jahr in Gotha und anderswo ihr 500-jähriges Jubiläum feiert.

Mit der Bahn bequem und ohne Stau nach Gotha: Anreise planen.

Titelbild: Umrandet von einer grünen Parkanlage wacht Schloss Friedenstein über Gotha © aerophoto.de/Thomas Walkling

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