Wandern pustet den Kopf frei. Es tut Seele und Körper gut – das ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt. Wer zu Fuß geht, der entspannt, vergisst die Zeit und erlebt sich selbst auch einmal wieder ganz anders und neu. Besonders schön ist es, wenn man durch einzigartige Naturlandschaften wie den Nationalpark Hainich spaziert und unterwegs seltenen Tieren und Pflanzen begegnet. Ganz viel einzigartige Natur gibt’s auch im Thüringer Wald, im Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal, in der Rhön oder rund um das Kyffhäuser-Gebirge – und Kultur und Traditionen sind im Land von Luther, Schiller und Goethe auch nie weit weg.
Der Kyffhäuser im Norden Thüringens ist ein Berg voller Geheimnisse. Kaiser Friedrich I., auch bekannt als Barbarossa, soll tief in seinem Inneren ruhen, mehr als 800 Jahre bereits. Auf tragische Weise kam der im Hochmittelalter regierende Kaiser bei einem Kreuzzug in Kleinasien ums Leben. Doch schnell verbreiteten sich Gerüchte, er sei gar nicht tot, sondern verzaubert und lebe mit seinem Hofstaat in einem unterirdischen Schloss in den Bergen des Kyffhäusers. Dort sitze er auf einem Thron an einem Tisch und schlafe. Alle 100 Jahre, so die Sage, erwacht er und schickt einen Zwerg hinaus, um nachzusehen, ob die Raben noch um den Berg kreisen. Erst wenn ein Adler statt der Raben den Berg umfliegt, Deutschland also geeint ist, ist die Zeit einer neuen Herrschaft von Kaiser Barbarossa gekommen. Wenn man die Geschichte kennt, die sich um diese Region rankt, dann wandert man hier nicht allein – die Vergangenheit ist immer dabei.
Auf insgesamt 37 Kilometern ist der Kyffhäuserweg die schönste Annäherung, die man an den Mythenberg haben kann. Das geht schon in Bad Frankenhausen mit seinen stillen Gassen, kleinen Cafés und Restaurants los. Von hier aus startet die dreitägige Tour über den Kyffhäuserweg. Er führt nach Westen, vorbei an der Oberkirche mit dem sicherlich schiefsten Turm in ganz Deutschland. Und dann geht es auch schon bald in den Wald.
Geologisch gesehen ist der Kyffhäuser kein Berg, sondern ein kleines Mittelgebirge. Mit seinen 400 Metern Höhe ragt es aus dem flachen Land empor und was gar nicht so hoch klingt, kann einen unterwegs ganz schön aus der Puste bringen. Zur Belohnung sind die Aussichten unterwegs einfach unschlagbar. Genau wie vom Kyffhäuserdenkmal aus. Die 360-Grad-Sicht ist wohl die beeindruckendste, die man in Thüringen haben kann – auf die Orte Kelbra, Sittendorf und Tilleda und über das Land bis in den Südharz.
Und dann geht es ja auch noch in den Kyffhäuser hinein – genauer gesagt in die Barbarossahöhle. Die 13.000 Quadratmeter große Höhle ist eine von weltweit nur zwei existierenden Schauhöhlen im Anhydritgestein, einer Art Gipsgestein. Sie soll den Eingang zum Reich von Barbarossa markieren. Die unterirdischen Seen hier sind so glasklar, dass sich die Decke spiegelt und man bei längerem Hinsehen nicht mehr weiß, wo oben oder unten ist. Eins steht fest: Egal, wo man auf dem Kyffhäuserweg hinsieht, Barbarossa scheint überall seine Spuren hinterlassen zu haben.
Wer lieber eine kleine Runde durch die Region dreht, der wandert ab Bad Frankenhausen zur Oberkirche, weiter zum Panorama Museum und über den Schlachtberg zurück nach Bad Frankenhausen.
Und so kommt ihr mit Bus und Bahn nach Bad Frankenhausen: Anreise planen.
Der Hainich ist mit 16.000 Hektar der größte zusammenhängende Laubwald Deutschlands und knapp die Hälfte der Fläche gehört zum Nationalpark. Dieser Teil, durch den auch der knapp zehn Kilometer lange Rundweg „Welterbepfad“ führt, war über Jahrzehnte militärisches Sperrgebiet. Einige anspruchsvolle Waldbewohner wie Wildkatze, Mopsfledermaus, Mittelspecht, Kopfhornschröter (eine Hirschkäferart), Ästiger Stachelbart (ein Pilz) und das Rote Waldvöglein (eine Wald-Orchideenart) leben hier. Seit 2011 gehört der Hainich zur UNESCO-Welterbestätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“.
Der Welterbepfad ist einer von vier Thüringer Urwaldpfaden im Nationalpark Hainich in der Nähe von Eisenach. Der erste markante Punkt auf dem Welterbepfad, der mit der UNESCO-Raute markiert wurde, ist ein uraltes Steinkreuz – das Craulaer Kreuz. Nach ihm ist der Wanderparkplatz benannt, an dem man startet. Vom Steinkreuz aus genießt man, bevor’s in den Wald geht, einen Panoramablick – ins Thüringer Becken und bis zum Kamm des Thüringer Walds.
Schnell führt der Weg danach in den Wald und schlängelt sich durch einen tiefen Buchenwald, in dem die Natur sich selbst überlassen bleibt. Die riesigen Laubbäume – zumeist Rotbuchen – dürfen natürlich altern, bis sie schließlich absterben und umfallen. Besonders schön sind Wanderungen im Frühjahr, wenn der Bärlauch blüht. Unterwegs hat man immer wieder spannende Einblicke in diesen Urwald mitten in Deutschland. Nach der Wende am Gänserasen geht’s durchs Lange Tal, in dem umgefallene und modernde Baumriesen einen Eindruck vom Leben und Vergehen im Wald geben. Bald zweigt die Strecke auf den Sperbersgrundweg ab. Nun führt der Weg über eine 100-stufige Holztreppe, über die sogenannte Himmelsleiter, einen Muschelkalkhang hinauf. Es geht vorbei an liegendem und stehendem Totholz, das von Zunderschwamm besiedelt ist. Der Buchenwald auf dem Muschelkalkrücken sieht anders aus, viele Bäume wachsen dort gekrümmt. Schließlich trifft der Weg auf die offene Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes. Dann geht’s zurück zum Craulaer Kreuz.
Übrigens: Einen ebenso schönen, wenn nicht sogar noch besseren Ausblick haben Besucher vom Baumwipfelpfad aus. Auf einer Länge von 540 Metern schlängelt sich der barrierefreie Pfad an der Thiemsburg durch die Baumkronen des Hainichs und eröffnet Gästen eine eindrucksvolle Perspektive auf den Wald. Beim Rundgang erfährt man über Infotafeln viel Wissens- und Staunenswertes über Flora und Fauna im Nationalpark Hainich. Kletterelemente begeistern vor allem kleine Besucher. Vom 44 Meter hohen Aussichtsturm gibt’s einen weiten Blick über die Wipfel und das Thüringer Becken.
Und so kommt ihr mit der Bahn nach Eisenach: Anreise planen.
Es ist ein Ort der Ruhe und des Friedens. Hier oben auf dem Hülfensberg bei Geismar ist die Natur nicht nur faszinierend, sondern auch besinnlich. Der Grund hierfür ist die alte, gotische Wallfahrts- und Klosterkirche mit einem romanischen Jesuskreuz, die seit 1367 auf dem „Berg der heiligen Hülfe“ steht. Doch auch für Nicht-Gläubige lohnt sich der Aufstieg auf den Hülfensberg, und zwar wegen der unvergleichlichen Aussicht auf die Täler und idyllischen Orte des Eichsfelds, das Teil des 87.000 Hektar großen Naturparks Eichsfeld-Hainich-Werratal ist. Er erstreckt sich von Heilbad Heiligenstadt im Norden bis Creuzburg im Süden und vereint drei Landschaften: sanfte Hügel im Eichsfeld, Buchen-Urwälder im UNESCO-Weltnaturerbe Nationalpark Hainich und die Werra mit ihren hohen Kalkstein-Ufern.
Am schönsten geht es mittendurch auf dem Naturparkweg Leine-Werra. Auf fast 100 Kilometern verläuft er über idyllische Wald- und Feldwege durch den Naturpark, vorbei an netten Dörfern, kleinen Kirchen und eben auch am Hülfensberg vorbei. Die Strecke kann in fünf Tagesetappen eingeteilt werden. Am Start, in Heilbad Heiligenstadt, lohnt ein Spaziergang durch die Altstadt mit ihren vielen historischen Fachwerkhäusern. Unterwegs passiert ihr Highlights wie die Maienwand und die Dieteröder Klippen mit ihren weiten Ausblicken über wogende Kornfelder und die Hochebenen des Eichsfelds. In Lengfeld erwartet die Besucher eine ganz besondere Attraktion, für die sie sich aber einen Tag extra Zeit nehmen sollten: die Draisinenstrecke. Die Schienen führen über das bis zu 24 Meter hohe Lengfelder Viadukt und durch fünf Tunnelanlagen.
Auch zahlreiche historische Bauwerke liegen am Wegesrand: unter anderem das Kloster Zella aus dem Jahr 1100, das heute ein Seniorenheim ist. Der imposante Innenhof ist auch für Besucher zugänglich. Weiter geht es zum Aussichtspunkt „Lindenhecke“. Von hier aus können Wanderer bis zum Nationalpark Hainich blicken. Die Burg Normannstein, oberhalb von Treffurt, bietet am Etappenende Gelegenheit für ein leckeres Essen in rustikalem Ambiente.
Die letzte Tagesetappe führt durchs Werratal. Das lauschige Flüsslein schlängelt sich unter bis zu 100 Meter hohen Kalksteinfelsen durch den Naturpark. Die Steilhänge sind Lebensraum für viele bedrohte Tiere und Pflanzen. In Creuzburg am Ende der Tour empfängt einen wieder das bunte Mittelalter: mit einer historischen Burg und der steinernen Werrabrücke.
Und so kommt ihr mit Bus und Bahn in den Naturpark: Anreise planen.
Unbewaldete Höhen mit tollen Ausblicken in das „Land der offenen Fernen“, wie die Rhön auch genannt wird: Die erlebt man auf dem Premiumwanderweg „Der Hochrhöner“. Er führt auf 180 Kilometern durch Bayern, Thüringen und Hessen. In Thüringen verläuft die Strecke auf 65 Kilometern durch wilde Natur und eine interessante Kulturlandschaft mit Blicken etwa ins idyllische Feldatal und bis zum Soleheilbad Bad Salzungen. Zum Hauptweg gehören 29 Extratouren. Das sind Rundwege, die als Halb- oder Tagestouren geeignet sind – fünf davon liegen in Thüringen.
Start des Wanderwegs in der Thüringer Rhön ist im „Dorf am Himmel“. Das ist Birx, der zweithöchste Ort der Rhön. Von hier aus geht es weiter nach Kaltennordheim, über den Gläserberg bis Dermbach, wo sich ein Besuch in der Rhöner Botschaft lohnt, dem Restaurant von Sternekoch Björn Leist. 400 Jahre Geschichte verbergen sich hinter der Fassade des Fachwerkhauses, indem sich auch ein Hotel befindet. Unweit des Dorfes Glattbach soll der Rhönpaulus gehaust haben. Der berüchtigte Räuber steht heute hier als Holzfigur auf dem Dorfplatz – er galt als eine Art Robin Hood der Rhön.
Ebenfalls sehenswert ist das Naturschutzgebiet Ibengarten. Hier stehen bis zu 600 Jahre alte Eiben. Eine besondere Attraktion am Weg ist auch Noahs Segel, eine 21 Meter hohe Aussichtsplattform, die einen Panoramablick über das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön bietet. Ziel der Tour ist die Kurstadt Bad Salzungen.
Und so kommt ihr mit Bus und Bahn zum Startpunkt in Birx: Anreise planen.
Früher, vor dem Bau der beiden Talsperren im Weidatal ganz im Osten Thüringens, standen zahlreiche Mühlen in der Region. Ihre Geschichte können Wanderer heute auf dem 45 Kilometer langen Talsperrenweg auf Infotafeln nachlesen. Auch über die Lebensräume am Ufer erfährt man dort viel Interessantes.
Während das Zeulenrodaer Meer, wie die südliche Talsperre auch genannt wird, vor allem dem Freizeitspaß von Gästen und Einheimischen dient, ist die Weidatalsperre ein Naturschutzgebiet, in dem Wanderer auf eine vielfältige und kaum berührte Landschaft treffen.
Am Vorstau Piselsmühle zum Beispiel leben zahlreiche Entenarten, Schwäne und Haubentaucher. Auf der Zweitageswanderung hat man zudem an vielen Stellen einen weiten Ausblick auf das Weidatal und die beiden Stauseen, etwa vom Gipfel des Teufelsbergs, vom Grobisch oder von der ehemaligen Skisprungschanze Triebes aus. Über 80 Prozent der Wege sind naturbelassen und zu jeder Jahreszeit begehbar.
Wer nicht so viel Zeit hat, der kann auch einen der drei kürzeren Rundwege entlang der Talsperren wählen, zum Beispiel den durch Quingenberg und über den Aussichtspunkt Teufelskanzel. Und: Das Zeulenrodaer Meer lässt sich nicht nur vom Wanderweg aus betrachten – auch eine Tour mit einem Tretboot oder Kanu lohnt sich. Vor allem am Abend, wenn sich die untergehende Sonne im Wasser spiegelt.
Und so kommt ihr mit Bus und Bahn zum Zeulenrodaer Meer: Anreise planen.
Thüringens Wanderwege ermöglichen traumhafte Ausblicke auf das facettenreiche Land, wie hier vom Gläserberg © Regina Filler
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