Der weiß-rote Leuchtturm auf Amrum, ›großer Amrumer‹ genannt, ist das weithin sichtbare Wahrzeichen der Insel sowie der höchstgelegene Aussichtspunkt im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.
Leuchttürme sind als Symbole der Küste ›herausragende‹ Ausflugsziele par excellence, erkennbar auch bei Nacht und Nebel, wenn ihre Strahlenfinger über Meer und Heide huschen und durch die Dünen fahren. Der 1875 erbaute älteste Leuchtturm Nordfrieslands erhebt sich 41,80 m auf einer 25 m hohen Düne, sodass die Feuerhöhe – und die Aussichtsgalerie – bei 63 m über Normalnull liegt.
Wer den Amrumer Leuchtturm ersteigen will, bezahlt Eintritt, auch für Kleinkinder werden Eltern mit einem Euro zur Kasse gebeten: Der zu Kaisers Zeiten nach höchsten Qualitätsmaßstäben errichtete Turm mit seinem mittlerweile auf 5 Mio. Euro geschätzten Linsenapparat will unterhalten und gepflegt werden. Der Sockel ist 1,74 m hoch und 2 m dick. Die Außenwand besteht aus Vollsteinmauerwerk mit einer Stärke von bis zu 1,72 m. Die 16 Linsen und die fünfdochtige Lampe haben eine derart hohe Qualität, dass sie erst 1993 erneuert werden mussten – 118 Jahre nach Inbetriebnahme des Leuchtturms. Seine heutige Tageskennung, den rot-weißen Anstrich, erhielt er 1953.
Der Leuchtturm auf den Dünen ist ein guter Ausgangspunkt zur Erkundung der Amrumer Dünenkette auf dem Geestkern der Insel. Die meisten Dünen wurden erst im Mittelalter aufgeweht: Der Sand begrub Siedlungsplätze und fast die Hälfte der mühevoll eingesäten Getreidefelder. Wie die Sage berichtet, erhoben sich die gewaltigen Sandmassen, nachdem die zum neuen Glauben bekehrten Amrumer unwissentlich einen Wassermann, der tot am Strand gelegen hatte, christlich begraben hatten. Erst als sie ihn wieder ausgruben und dem Meer zurückgaben, beruhigten sich die Sandstürme – doch die Dünen blieben bestehen.
Im Jahr 1696 begann die Befestigung der Dünen mit dem Verbot, Dünenhalme zu schneiden. Dank der im ausgehenden 19. Jh. erfolgten Aufforstung sind auf den Wegen durch die Dünen oftmals Kiefern zu bestaunen, die ein Alter von mehr als 100 erreichen. Auch dies ist eine Besonderheit der Insel Amrum: Hier rauscht es durch die Bäume wie im Schwarzwald oder im Harz.
Um die Dünen vor Tritterosion zu schützen, wurden von den Inselorten zu den Aussichtsdünen und Stränden Lattenwege angelegt. In die Wälder eingestreut sind zahlreiche Heideflächen, die im Spätsommer in einem violetten Farbtraum wie in der Lüneburger Heide erstrahlen. Viele Dünen sind durch Panoramaplattformen erschlossen, allein zwischen dem Nebeler Strand und dem Seebad Norddorf gibt es fünf Aussichtsdünen, darunter Amrums höchste Düne ›A Siatler‹ (32 m, auf Deutsch ›Setzerdüne‹): Sie bietet einen einmaligen Rundblick über Norddorf und die als Vogelschutzgebiet ausgewiesene Amrumer Odde hinweg auf die Nachbarinsel Sylt sowie über das Wattenmeer bis nach Föhr.
Der Amrumer Leuchtturm lässt sich auf dem ›Tanenwai‹, dem Waldwanderweg auf der Dünenkette, mit der Vogelkoje Meeram und dem Leit- und Quermarkenfeuer Norddorf zu einer spannenden Wanderung verbinden. Mit acht Metern ist das nördlichste Amrumer Leuchtfeuer ein vergleichsweise kleiner Leuchtturm, die Feuerhöhe über dem mittleren Tidehochwasser beträgt jedoch 22 m, da der Turm 1905 auf einer Aussichtsdüne errichtet wurde. Die Jugendstilelemente des Turms tragen ebenso zu seiner Beliebtheit bei wie die herrliche Aussicht.
Das Quermarkenfeuer steht am Latten-Dünenwanderweg zwischen dem Kniepsand und der Vogelkoje Meeram. Der Weg führt durch eine weite Dünenund Heidelandschaft, in der die Reste eines freigewehten Megalithgrabs daran erinnern, dass sich hier schon vor 4000 Jahren Menschen aufhielten. Archäologen legten hier auch die Relikte eines eisenzeitlichen Hauses aus der Zeit vor 2000 Jahren frei.
Das Seebad Nebel mit alten Reetdachhäusern und der romanischen Clemenskirche auf der Wattenmeerseite der Insel ist der Hauptort von Amrum. Nachdem sich Nord- und Süddorf im Mittelalter auf den Standort für den Bau eines gemeinsamen Gotteshauses geeinigt hatten, entstand bei der ab 1236 errichteten Clemenskirche auch das Dorf Nebel; der Name bedeutet wahrscheinlich ›neue Siedlung‹ (analog zu Niebüll). Sehenswert auf dem Friedhof in Nebel sind die ›sprechenden‹ Grabsteine, in die die Lebensgeschichten der Verstorbenen eingemeißelt sind.
Von Amrum fahren Ausflugsschiffe regelmäßig zu den Halligen, darunter auch zur Hallig Hooge, der ›Königin der Halligen‹. Das von einem niedrigen Sommerdeich geschützte Marscheneiland mit zehn Warften liegt zwischen den Inseln Pellworm und Amrum sowie den Halligen Langeneß, Japsand und Norderoogsand. Die Hanswarft ist die meistbesuchte und mit 180 mal 200 m größte Warft auf Hooge: Hier befinden sich das Heimat- und Halligmuseum, das Erlebniszentrum »Mensch und Watt« der Schutzstation Wattenmeer, die Gaststätte »Zum Seehund« und das Informationszentrum »Uns Hallig Hus«. Der ›Königspesel‹, eine Friesenstube aus dem 18. Jh., vermittelt mit seinen Fayencen die Wohnkultur der Seefahrer, und das Sturmflutkino führt in einem indrucksvollen Kurzfilm ein Landunter vor.
Titelbild: Ein Lattenweg führt durch die Amrumer Dünenlandschaft zum Leuchtturm Quermarkenfeuer südwestlich von Norddorf © picture-alliance / DUMONT Bildarchiv | Sabine Lubenow