Gleich fünf Spiele finden während der EM in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt statt. Dabei erwartet die Stadt so spannende Nationen wie Frankreich, die Slowakei und die Ukraine. Auch unsere österreichischen NachbarInnen werden mit ihrem Bundestrainer Rangnick schon am 17. Juni in Düsseldorf erwartet. Und mit ihnen natürlich eine große Anzahl an Fans, die prüfen wollen, ob es an der „längsten Theke der Welt“ wirklich so fröhlich zugeht, wie man immer hört. 

1. Tag

10 Uhr. Diese Straße ist ein Mythos. Wer immer über Düsseldorf spricht, erwähnt früher oder später die Königsallee, allerdings in der verniedlichten Form. Die Düsseldorfer Kö ist im ganzen Land ein Begriff. Der elegante Boulevard steht für Luxus-Shopping pur, für teure Markenkleidung und Bling Bling in allen Varianten. Wie sagt der Rheinländer: „Mer moss och jönne könne!“ Auch wenn normale FußballfreundInnen sicher nicht zum Einkaufen nach Düsseldorf kommen, ist es doch interessant zu sehen, wie glanzvoll sich eine Stadt in ihrem Zentrum präsentiert. Natürlich findet man zwischen all diesen schicken Boutiquen auch zahlreiche gastronomische Einrichtungen. Fürs Frühstück empfehlen wir die beiden, nicht mehr als einen Kilometer von der Kö entfernten Cafés Café Buur und Buur Deli. Hier werden richtige Frühstückskunstwerke kredenzt. 

12 Uhr. Während der EM im Juni und Juli werden rund 10 000 JapanerInnen in Düsseldorf sein. JapanerInnen? Die spielen doch bei der EM gar nicht mit? Richtig. Sie leben ja auch permanent in Düsseldorf, der drittgrößten japanischen Community außerhalb des eigenen Landes. Ihnen haben es die Fußballreisenden aus ganz Europa zu verdanken, dass sie in Little Tokyo asiatische Lebensart erleben können. Zwischen Hauptbahnhof und Stadtmitte finden sich japanische Shops, Galerien und vor allem ganz fantastische japanische Restaurants. Sushi werden zum Beispiel in ganz Deutschland nirgendwo authentischer und besser zubereitet als hier. Und dass die Izakayas in Düsseldorf auch richtig Stimmung machen, ist in der Stadt kein Geheimnis. Izakayas? Ganz einfach: Japanische Kneipen. Das wird Fußballfans freuen. 

15 Uhr. Lust auf spektakuläre Architektur? Im Düsseldorfer Medienhafen ist viel davon zu bewundern. Passt ja auch – da wo Medienmenschen und KünstlerInnen zusammenkommen, darf es gerne etwas avantgardistischer werden. Allein von Stararchitekt Frank O. Gehry sind drei dekonstruktivistische Gebäude zu bewundern. Spottende behaupten, man könnte sie leicht erkennen. Es wären die, die offenbar von einem Büchsenöffner bearbeitet worden sind. Aber das ist natürlich nur üble Nachrede von Leuten, die keine Ahnung von Kunst und Kultur haben. Die aber, da darf man sicher sein, die ersten sind, die Fotos der Gebäude für ihren Instagram-Auftritt machen. Fakt ist: Der Medienhafen ist, ähnlich wie die Elbphilharmonie in Hamburg, sehr schnell zu einem Wahrzeichen Düsseldorfs geworden. Und einige der besten Restaurants haben sich hier auch angesiedelt. 

18 Uhr. Warum nicht ein wenig maritime Atmosphäre zulassen, wenn man schon so nah dran ist: Düsseldorfs Public Viewing Area wird am Rheinufer errichtet. Hier werden alle Spiele der deutschen Mannschaft und alle weiteren Spiele gezeigt, die in der Düsseldorf Arena stattfinden. Zusätzlich zum Rheinufer wird auch am Burgplatz eine Fan Zone errichtet, auf der alle Spiele des Turniers gezeigt werden. Darüber hinaus ist dort ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm geplant, das zu einem Teil von Vereinen des Fußballverbandes Niederrhein gestaltet wird. 

20 Uhr. Kaum haben die SchiedsrichterInnen das letzte Spiel des Abends abgepfiffen, dürfte die Stampede starten: Fußballfans aus ganz Europa haben schon den ganzen Tag darauf gewartet, dass es endlich losgeht und man mit eigenen Augen und Leber recherchieren kann, ob Düsseldorfs Altstadt wirklich die „längste Theke der Welt“ ist. Angeblich befinden sich in einem kleinen Abschnitt der Düsseldorfer Altstadt allein über 250 Kneipen. Nicht mal die traditionell trinkfesten EngländerInnen dürften es an einem Wochenende schaffen, jedem einzelnen dieser Etablissements einen kurzen Besuch abzustatten. Es reicht ja schon, wenn man alle Kneipen schafft, die das Herz der längsten Theke ausmachen. Die liegen in der berühmten Bolkerstraße. Dort gibt’s es ein Lokal, kein Witz, das heißt: Ballermann 6. Angeblich soll es dort wild zugehen. 

2. Tag

10 Uhr. Schöne Gründerzeitvillen, alternative Cafés, InhaberInnengeführte Shops, schicke Manufakturen und Restaurants: Man spürt, dass der Stadtteil Flingern in Düsseldorf etwas Besonderes ist und sich bewusst abgrenzt vom Bling-Bling-Image weiter Teile der Stadt. Gutes Frühstück und bei gutem Wetter auch eine beliebte Terrasse hat etwa das Lokal Beethoven. Rundum verglast und mit einem verführerischen Speiseangebot lockt das Café Hüftgold Gäste an. Man kann nicht behaupten, dass man hier einem Etikettenschwindel aufsitzt: Kuchen, Eis, Käsetoast – alles da, was Psyche und Hüfte zum Leben brauchen. 

13 Uhr. Aus einem Grund ist es schade, dass das EM-Turnier nicht im Herbst oder Winter stattfindet. In dieser Zeit nämlich steht vor dem Burgplatz immer das „Wheel of Vision“-Riesenrad in Düsseldorf und gewährt Panorama-Blicke aus 55 Metern Höhe. Im Sommer aber hat das Rad Pause. So müssen die Düsseldorfer und all seine Gäste wohl auf den Rheinturm hinauf, um Düsseldorf einmal von ganz oben zu entdecken. Der Düsseldorfer Fernsehturm dient in der Stadt als Aussichtsturm. Mehr noch  – BesucherInnen können zwischen einer charmanten Bar und einem guten Restaurant wählen. Das Restaurant befindet sich auf 172 Metern Höhe und verfügt über dieses Gimmick, auf das viele Fernsehturm-Restaurants stolz sind: Innerhalb von einer Stunde dreht es sich einmal um die eigene Achse. 

15 Uhr. Leben wie aus dem Urlaubsprospekt? Jedenfalls für ein paar Stunden? In diesem Fall lohnt sich ein Ausflug zum Schloss Benrath. Es liegt nur 10 Kilometer vom Stadtzentrum der Metropole entfernt, auch wenn es in seiner vornehmen rosa Gestalt und den charmanten Gärten wirkt, als habe man gerade eine Zeitreise absolviert. Die DüsseldorferInnen lieben das Schloss und seinen Park vor allem im Winter, wenn der Weihnachtsmarkt die ohnehin schon feierliche Atmosphäre noch einmal befeuert. Schloss Benrath übrigens, die Fußballfreunde aus ganz Europa werden es staunend erfahren, besteht nicht nur aus dem schnöden Schloss, sondern gleich aus einem beeindruckenden Ensemble aus Lustschloss, Jagdpark, Gärten und Weihern. Das Ensemble gilt als das wichtigste architektonische Gesamtkunstwerk Düsseldorfs.

18 Uhr. Fußball, das ist längst auch Musik, Theater und Popkultur. Zu spüren ist das in Düsseldorf während der EM vor dem Schauspielhaus am Gustav-Gründgens-Platz. Der Platz soll, so verraten die VeranstalterInnen, der kulturelle Hotspot der Euro 2024 in Düsseldorf werden. Die außergewöhnliche Fassade des Schauspielhauses wird im Euro-Design illuminiert und soll von lokalen KünstlerInnen aus der Kultur- und Musikszene zum Leben erweckt werden. Klingt vielversprechend, auch wenn die Fans aus Düsseldorfs Gastnationen womöglich über die rheinisch-westfälische GauklerInnenkunst erstaunt sein dürfte. Vor allem, wenn Mundart ins Spiel kommt …

20 Uhr. Traditionell ist Düsseldorf eine Club- und Musikstadt. Allein der legendäre Ratinger Hof brachte die ein oder andere Band wie die Toten Hosen hervor, lebt aber jetzt nur noch als Der Hof ein Leben in trister Nostalgie. Sehr angesagt und ein Tipp für einen wirklich feinen Abend wäre stattdessen der Salon des Amateurs am Grabbeplatz. Hier sind die Getränke preiswert, das Publikum unangestrengt lässig und die elektronische Musik- und DJ-Auswahl allererste Klasse. Möglicherweise hängt die Coolness dieses Ladens damit zusammen, dass er in der Kunsthalle Düsseldorf liegt – und neben Kaffee und Kuchen tatsächlich noch Zeitungen anbietet. 

Copyright Titelbild: An der Rheinuferpromenade in Düsseldorf © Düsseldorf Tourismus

Geschrieben von Harald Braun

Der Reise- und Kulturjournalist Harald Braun, gebürtiger Rheinländer, lebt in Schleswig-Holstein auf dem Land, flüchtet im Winter regelmäßig nach Australien, mag den FC St. Pauli, Südtirol und immer häufiger auch ausgewählte Ecken in Deutschland, die er neuerdings entdeckt – wie den Hafenkran „Greif“ vor der Elbphilharmonie, in dem man vorzüglich übernachten kann.

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