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Gerade noch rechtzeitig ist das Volksparkstadion in Hamburg nach seiner 30 Millionen Euro teuren Renovierung fertig geworden, um fünf Spiele der Europameisterschaft darin stattfinden zu lassen. Zu den vier Vorrundenspielen werden die Mannschaften (und die Fans!) aus Kroatien, Polen, Niederlande, Tschechien, Albanien, Georgien und der Türkei erwartet. Wer im Viertelfinale am 5. Juli in der Hansestadt antreten wird, muss sich erst noch erweisen. Fakt ist: Im Gegensatz zum HSV, der seit einigen Jahren bloß noch in der 2. Bundesliga spielt, ist das Stadion erstklassig. Und das schöne Hamburg mit all seinen Freizeitmöglichkeiten ohnehin. 

1. Tag

10 Uhr. Wo schlägt das Herz der Hansestadt Hamburg? Dumme Frage – am Hafen natürlich, an der Elbe. Deshalb führt für viele BesucherInnen auch der erste Weg in Hamburg direkt an die Landungsbrücken. Dort stehen diverse Fischlokale bereit und die berühmten Barkassen, mit denen man für wenig Geld eine Hafenrundfahrt machen kann. Zur Folklore einer solchen Veranstaltung gehört es, dass die Barkassen-KapitänInnen im schnoddrigen hanseatisch auf die Besonderheiten der Stadt und des Hafens hinweisen. Wer an den Fischbuden kulinarisch nicht abgeholt wird oder nicht bereit ist, für ein Krabbenbrötchen 15 (!) Euro zu bezahlen, hat im nahe gelegenen Portugiesenviertel sehr viele Café- und Restaurant-Optionen mit deutlich reelleren Preisideen.

12 Uhr. Gänsemarkt, Rathausplatz und Mönckebergstraße – in dieser Gegend findet man die Straßen und Plätze in Hamburg, die dem Fine Shopping gewidmet sind. Viele Nobeladressen, aber auch ganz normale Ketten und Kaufhäuser haben sich hier angesiedelt und stellen sich dem tapferen Kampf gegen den Onlinehandel. Ein Bummel in der Innenstadt mit Blick auf die wunderschöne Binnenalster ist jedem Neuankommenden in der Stadt anzuraten. Mit dem Thalia Theater passiert man dabei auch das beste Theater am Ort. Das Café des Artistes gleich nebenan mit seiner Terrasse bietet eine gute Möglichkeit, um mitten in der Stadt einige Minuten zu entspannen. 

15 Uhr. Eine ganz andere, womöglich weniger feinsinnige, dafür aber deutlich buntere Welt werden BesucherInnen im Schanzen- und im Karoviertel in Hamburg vorfinden. Während die alternative Kneipendichte zugunsten diverser Shops und edler Restaurants im Schanzenviertel in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat, ist im nahe gelegenen Karoviertel noch immer viel vom rebellischen Geist der linken Jugendkultur zu spüren. Was nicht heißt, dass sich ein Besuch in einer der vielen Kneipen und individuellen Läden dort nicht lohnen würde. Selbst das offizielle Marketing der Stadt Hamburg nennt das Karolinenviertel einen Trendvulkan. Im Sommer gibt es wenig lebendigere Orte in der Stadt als die so genannte Schanzenpiazza am Schulterblatt, wo die Menschen wie in Italien auf der Straße hocken, die Rote Flora stets im Blick, und sich ihren Flat White schmecken lassen. 

18 Uhr. Jetzt ist man ohnehin schon in der Nähe und sieht auch das Stadion des einzigen Erstligisten in Hamburg schon in seiner ganzen Pracht: Vorbei am Millerntor, der Heimat des FC St. Pauli, kommt man zum Heiligengeistfeld. Dort findet viermal im Jahr der beliebte Dom statt, eine Kirmes, bei der man sich fragt, ob sich der ganze Auf- und Abbau jedes Mal lohnt, gefühlt ist immer Dom ... Genau hier wird in Hamburg während der EM 24 die Fan Zone ihre Heimat finden. Leicht zu erreichen mit den U-Bahnen St. Pauli, Feldstraße und Messehallen, ist der Platz der perfekte Ort, um bis zu 40.000 Menschen aufzunehmen. Je nach Beginn der Spiele öffnet die Fan Zone gegen 13 Uhr und schließt gegen 23:30 Uhr. Der Eintritt ist frei. 

20 Uhr. Smarter als am Heiligengeistfeld könnte die Public Viewing-Area in Hamburg nicht liegen. Wenn dort Schluss ist, flackern ein paar Straßen weiter schon die Neonlichter der Reeperbahn. Die einst „sündige Meile“ ist längst keine No-Go-Area für bürgerliches Partypublikum mehr, im Gegenteil. Neben den immer weniger werdenden Gogo-Bars, Bordellen und Spelunken haben sich auf dem Kiez längst hervorragende Clubs, Bars und Restaurants angesiedelt. Die Straßen entlang der Reeperbahn sind gerade am Wochenende gut besucht, am Spielbudenplatz hat Ex-St. Pauli-Präsident Corny Littmann eine kleine, durchaus gutbürgerliche Theater- und Kneipenmeile etabliert – argwöhnisch beobachtet von der berühmten Davidwache gleich nebenan. Auch die Tanzenden Türme sind ein Foto-Highlight auf der Reeperbahn, ebenso wie die rummelige Große Freiheit. In den Schaufenstern der Herbertstraße sitzen Frauen und bieten ihre Dienste an. Die Bordellstraße ist an beiden Enden mit Sichtblenden abgesperrt, nur zu Fuß durchlaufbar und der Zugang bleibt sowohl Minderjährigen als auch Frauen verwehrt.

2. Tag

10 Uhr. Hamburg ist eine wohlhabende Stadt. Die meisten MillionärInnen Deutschlands leben, hochgerechnet auf die Bevölkerung, in der Hansestadt. Zu sehen ist das in Stadtteilen wie Nienstedten oder Blankenese entlang der Elbchaussee, wo die Villen in der Regel Millionen kosten. Doch auch in Winterhude und Eppendorf lebt es sich ganz anständig. BesucherInnen dieser Stadtteile genießen den Vorteil, dass es dort auch eine große Anzahl von Cafés und Restaurants gibt, die nach dem Schlenderbummel besucht werden können. Ganz gleich, ob im Mutterland Eppendorf, im Petit Café oder im Concept Store mit Gastro, dem Kaufrausch, wird man staunen über so viel ästhetischen Gestaltungswillen. Wer sich einen Eindruck über die gediegene Schönheit Hamburgs machen möchte, sollte unbedingt einmal die Außenalster umrunden, spazierend oder joggend: Mehr als sieben Kilometer Traumstrecke. 

13 Uhr. Sogar das Schwimmen ist wieder erlaubt. Dass Hamburg einen richtigen Stadtstrand an der Elbe hat, dürfte viele BesucherInnen überraschen. Zugegeben, besonders breit und lang ist er nicht, aber es reicht, um die HamburgerInnen beim geringsten Anzeichen von Sommer & Sonne in großer Zahl dorthin pilgern zu sehen. Zumal es dort auch einen gastronomischen Kultort gibt, den wohl jeder kennt, die Strandperle. Die Schlange davor ist meistens riesig, das Angebot überschaubar, der Service nur so mittel. Alles egal, die HamburgerInnen lieben diesen Ort, an dem alle paar Minuten ein Riesentanker auf der Elbe vorbeischwimmt und sich trotzdem die einen oder anderen Mutigen zum Schwimmen ins Wasser der Elbe wagen. Abends geht’s dann weiter stromaufwärts im wirklich sehr schönen Beachclub Strand Pauli. 

15 Uhr. Zeit für gleich zwei der beliebtesten Hamburger Sehenswürdigkeiten in unmittelbarer Nachbarschaft. In der historischen Hamburger Speicherstadt, die allein schon einen Besuch wert ist, haben zwei Brüder vor Jahren mit dem Bau eines Miniatur Wunderlandes begonnen. Inzwischen kann man dort die größte Modelleisenbahn der Welt bewundern. Ein paar hundert Meter weiter steht das neueste Hamburger Wahrzeichen in seiner ganzen Pracht: Die Elbphilharmonie wurde zwar mit 866 Millionen Euro Baukosten „etwas“ teurer als erwartet (ursprünglich 77 Millionen!), doch inzwischen ist man überall in Hamburg stolz auf das 2016 fertiggestellte Konzerthaus. Wer die Elphi besucht, kann auch gleichzeitig einen Blick auf die moderne Hafencity werfen, Europas größtes innerstädtisches Stadtentwicklungsprojekt. 

Der Hamburger Stadtpark mit See, Festwiese und Planetarium © stock.adobe.com - Claus Schlüter

18 Uhr. Ein beliebtes Ausflugsziel bei gutem Wetter ist der Hamburger Stadtpark. Er ist rund 150 Hektar groß und befindet sich auf dem Gebiet von Winterhude, also sehr stadtnah. Ganze Familien feiern hier am Wochenende eine große Picknicksause, der Park verfügt über Liegewiesen, mit dem Landhaus Walter über einen großen Biergarten und über den großzügigen Stadtparksee. SUP, Kanu- und Tretboofahren sind hier ebenso möglich wie Schwimmeinheiten im Freibad. Und nicht zu vergessen, das architektonisch feine Planetarium von 1930. Bonus: Im Sommer finden auf der Freilichtbühne des Stadtparks regelmäßig spannende Konzerte statt – wer nicht zahlen will, liegt in der Nähe auf der Wiese und hört „für lau“ einfach mit. 

20 Uhr. Eines der quirligsten Stadtviertel in Hamburg ist das überschaubare Ottensen mit seinen verwinkelten Gassen und schönen Altbauten in Elbnähe. Eine Menge StudentInnen und junge Familien haben sich hier angesiedelt – und ebenso viel Bars und Restaurants. Abends ist Ottensen bei schönem Wetter ein beliebter Treffpunkt von PartyfreundInnen und kulinarisch besonders aufgeschlossenen BesucherInnen. Wer exotische Küchen kennenlernen will, wird in Ottensen fündig: Japanische Ramen im Takumi, türkische Teigtaschen bei Mr. Dumpling, äthiopische Salate in Karls Café oder Burger in der Brooklyn Burger Bar – das sind nur einige von Ottensens Duftmarken der großen, weiten Welt. 

Copyright Titelbild: Am Jungfernstieg mit Blick auf das Hamburger Rathaus © stock.adobe.com - Mapics

Geschrieben von Harald Braun

Der Reise- und Kulturjournalist Harald Braun, gebürtiger Rheinländer, lebt in Schleswig-Holstein auf dem Land, flüchtet im Winter regelmäßig nach Australien, mag den FC St. Pauli, Südtirol und immer häufiger auch ausgewählte Ecken in Deutschland, die er neuerdings entdeckt – wie den Hafenkran „Greif“ vor der Elbphilharmonie, in dem man vorzüglich übernachten kann.

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