In München werden gleich sechs Spiele bei der Europameisterschaft 2024 ausgetragen, unter anderem das Eröffnungsspiel und eines der beiden Halbfinalspiele. Die feierfreudige bayerische Metropole ist also vom ersten bis zum beinahe letzten Tag der EM Gastgeber für Fans aus zahlreichen Nationen. SchottInnen werden anreisen, SerbInnen, SlowenInnen und auch die dänischen WikingerInnen mit ihren lustigen Helmen. Man darf sich jetzt schon über das bunte Straßenbild zwischen Stachus und Münchener Freiheit freuen. Aber was können die Fans machen, wenn sie zwei Tage in der Stadt sind? 


1. Tag

10 Uhr. Der Fußballfan als solcher ist nicht als Frühaufstehender bekannt. Deshalb beginnt der Tag kaum vor 10 Uhr in der Früh, das aber mit einem deftigen Frühstück nach bajuwarischer Art. Eine Weißwurst soll es sein, eine Brezn dazu, süßer Senf vom Händlmaier und dazu ein Weißbier, fertig ist das klassisch-bayerische Frühstück. Die Anzahl der Weißbiere variiert nach persönlicher Passion, aber was die Würste betrifft, ein Tipp von erfahrenen ZuzlerInnen: Zwei sind zu wenig, vier zu viel. Die besten Weißwürste gibt’s, wenn man den eingeweihten FleischkennerInnen glauben darf, „beim Wallner". So heißt der Wirt in der Gaststätte Großmarkthalle in der Kochelseestraße 13. Und die ist in Sachen Weißwurst seit jeher eine Institution. Wer es etwas folkloristischer mag, ist selbstredend auch im Hofbräuhaus willkommen. Da ist es lauter, voller und derber, das muss man schon frühmorgens wirklich wollen. Und es besteht natürlich die Gefahr, dass man da sehr lange in diesem Traditionslokal hängen bleibt, statt sich in München umzusehen. 

12 Uhr. Nicht viel Zeit, aber doch interessiert daran, wo man sich eigentlich befindet? In diesem Fall hilft in Metropolen stets eine Fahrt mit dem Doppeldecker-Bus nach dem Hop-on, Hop-off-Prinzip. In München kann man den Spaß an einem oder zwei Tagen buchen, an 13 Highlight-Haltestellen im gesamten Stadtgebiet könnte man ein- und später wieder aussteigen. Bei gutem Wetter kann man sich für rund 25 Euro pro Person einen lässigen Tag auf dem Sonnendeck des Busses machen und die Schönheiten Münchens genießen. Falls es beim Weißwurstfrühstück zu mehr als zwei Bier gekommen ist, dient die Stadtrundfahrt außerdem zu Wellness-Zwecken …

15 Uhr. Wer für ein Fußballspiel keine Kosten und Mühen scheut und aus seinem Heimatland nach Bayern reist, interessiert sich in der Regel für alles, was mit dem Fußball in der Fremde zusammenhängt. In diesem Fall plädieren wir für einen Besuch des Olympiaparks inklusive des Stadions, in dem Deutschland 1974 Weltmeister wurde. Inzwischen spielt da niemand mehr, weder der FC Bayern noch die Deutsche Nationalmannschaft. Die sind in die Allianz-Arena umgezogen, einem reinen Fußballstadion, das von außen wie ein aufgeblasenes Gummiboot wirkt. Ganz anders das legendäre Olympiastadion, das anlässlich der Olympiade 1972 in München eröffnet wurde. Mit den geschwungenen transparenten Dachbögen strahlt es eine Eleganz aus, die man in modernen Stadien von heute oft vermisst. Es ist möglich, das Olympiastadion von Dienstag bis Donnerstag zwischen 9 und 18 Uhr zu besichtigen. Der Spaziergang im weitläufigen Olympiapark ist kostenlos und eine Wonne. Zudem steht mit dem Drehrestaurant 181 auch ein Fine Dining Restaurant zur Verfügung. Okay, für Fußballfans dürfte eher die Rooftop Bar Deck 21 interessant sein. 

Im Biergarten lässt es sich gemütlich an © fottoo - stock.adobe.com
Im Biergarten lässt es sich gemütlich an © fottoo - stock.adobe.com

18 Uhr. Biergartenzeit. Eine der schönsten Errungenschaften der Münchner Freizeitkultur ist der Biergarten. Meistens gibt’s an solchen Plätzen rauschende Kastanien, eine Menge Sitzgarnituren mit Bänken und Tischen und eine oftmals nur mittelmäßige Gastronomie. Aber dafür Bier, Bier, Bier. In ausgesuchten Biergärten spielt auch mal eine Blasmusik auf, etwa im Kinaturm, wie der riesige Biergarten im Englischen Garten nicht heißt, aber genannt wird. Wem es dort zu rummelig ist (700 Plätze!), der gehe Luftlinie etwa einen Kilometer stadtauswärt zu einem kleinen See, der dementsprechend von einem Biergarten namens Seehaus umgeben ist. Sehr idyllisch, vielen UreinwohnerInnen allerdings etwas zu schick. Der FC Bayern pflegte hier ein paar Jahre seine internen Meisterschaftsfeiern indoor im Restaurant abzuhalten.

20 Uhr. Jetzt aber in eine gemütliche Kneipe mit einem Dach über dem Kopf.  Das Fußballstadion an der Schleißheimer Straße klingt zwar wie ein weiteres Fußballstadion, ist es aber nicht, sondern eine renommierte und in Fankreisen in ganz Deutschland bekannte Fußballkneipe. Hier werden auf zahlreichen Bildschirmen wie in einer Sportsbar alle wichtigen und auch nicht ganz so wichtigen Fußballspiele gezeigt. Der Unterschied zu vielen anderen räudigen Kneipen mit Sky-Abo liegt darin, dass im Stadion an der Schleißheimer Straße auch vernünftiges Essen auf den Tisch kommt. Und natürlich, dass man so neutral wie die Schweiz ist. Egal, ob Bayern- oder 1860-Fan – hier ist jeder willkommen, der nicht an den falschen Stellen dumme Bemerkungen macht. 

2. Tag

10 Uhr. Der gestrige Tag war ein wenig zu fußballlastig, außerdem verlangt ein kleiner Kater nach Sauerstoff? Wie wäre es mit einem Ausflug an einen der wunderbaren Seen, die man aus München mit der S-Bahn schnell erreicht. Ammersee oder Starnberger See würden sich anbieten, am besten startet man die Tour am Münchner Hauptbahnhof. Der Starnberger See liegt südwestlich von München. Direkt am See wohnt der ehemalige Nationaltorhüter Jens Lehmann. Es wird nicht reichen, die gesamte Länge des Sees zu umrunden, die Uferlänge beträgt fast 50 Kilometer. Einen schönen Spaziergang zum Durchschnaufen können wir aber jedem Fan empfehlen, der originelle Eindrücke von der bajuwarischen Lebensart mit zurück nach Hause nehmen möchte. Und vielleicht entdeckt man ja Jens Lehmann mit der Motorsäge im Garten.

13 Uhr. Nah am Ufer des Starnberger Sees im schönen Ambach hat sich der deutsche Schauspieler Josef Bierbichler vor gefühlten Jahrhunderten ein Gasthaus gekauft das seit längerer Zeit zu den Wallfahrtsorten der Münchner Schickeria gehört. Dafür kann der oft barsche Bierbichler, Sepp nichts, denn seine Speisen sind weder chic noch der gepflegte Umgangston des Services sonderlich arrogant. Der Fischmeister gehört zu den Ausflugsrestaurants, die man reuelos besuchen kann, gereicht wird vom ehrlichen Schweinsbraten bis zum Tafelspitz viel Traditionelles, das schmeckt. Manchmal grantelt der Hausherr noch selbst am Nebentisch, aber das ist Folklore.   

15 Uhr. Schwabing! Ein Wort wie ein Peitschenknall, jedenfalls für jene, die gehört haben, dass es sich bei diesem Stadtteil zwischen Münchner Freiheit, Leopold- und Ludwigstraße einst um das wilde Vergnügungsviertel der Stadt gehandelt habe. Tatsächlich sind immer noch sehr viele Kneipen, Restaurants und Cafés in Schwabing angesiedelt, aber wild? Nicht wirklich. Trotzdem dürfte es für BesucherInnen interessant sein, vom Siegestor loszuwandern, um die legendäre Leopoldstraße in München zu erkunden. Für fortgeschrittene SpirituosenkennerInnen eignet sich in Schwabing besonders die Call Soul Bar, auch die Wallace Bar ist in all seiner schummrigen Rotstichigkeit eine korrekte Adresse. 

18 Uhr. Noch schnell ein Foto machen, dass die Daheimgebliebenen in Schottland, Serbien oder Dänemark verblüfft? Dann schnell ans Haus der Kunst am südlichen Rand des Englischen Gartens, wo sich (nur wirklich gute!) SurferInnen an der Eisbachwelle versuchen. Dabei handelt es sich als weltweit konstanteste, größte und beste Flusswelle in einer Großstadt. Zweite Instagram-Möglichkeit, nicht wenig spektakulär: Die Alte Utting war mal ein Ammersee-Dampfer, bevor man sie im Münchner Schlachthofviertel quer auf eine ausrangierte Bahntrasse setzte und 2018 als skurrile Mischung aus Café und Bar zu neuem Leben erweckte. Beide alternativen Sehenswürdigkeiten liegen nicht sooo weit auseinander, das kann man schaffen. 

20 Uhr. Ein Tag ohne Fußball? Kann nicht sein. Nichts wie hin zur Fan Zone im Olympiapark, wo alle 51 EM Spiele live übertragen werden. Das Motto der Sause lautet „München feiert Europa“. Und vielleicht traut sich ja sogar der ein oder andere, den Flying Fox auszuprobieren, der extra für die Fan Zone aufgebaut wurde. Mit diesem Gerät kann man vom Gipfel des Olympiabergs auf einer Seilrutsche bis zur Olympia-Schwimmhalle surfen. 400 Meter lang, 50 Kilometer pro Stunde schnell. Wow! 

Titelbild: Perfekt für einen Spaziergang zwischendurch – der Olympiapark in München © scaliger - stock.adobe.com

Geschrieben von Harald Braun

Der Reise- und Kulturjournalist Harald Braun, gebürtiger Rheinländer, lebt in Schleswig-Holstein auf dem Land, flüchtet im Winter regelmäßig nach Australien, mag den FC St. Pauli, Südtirol und immer häufiger auch ausgewählte Ecken in Deutschland, die er neuerdings entdeckt – wie den Hafenkran „Greif“ vor der Elbphilharmonie, in dem man vorzüglich übernachten kann.

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