Ihr habt Lust darauf, Grenzen auszutesten? Eine der spektakulärsten Radrouten Niedersachsens wird euch in dieser Hinsicht gleich mehrfach gerecht: 223 Kilometer Strecke zwischen der Vechtequelle im Münsterland und der Mündung in Zwolle sorgen dafür, dass Muskeln, Leib und Seele in Wallung geraten.

Und wer Zwolle hört, der ahnt auch gleich: Die Grenze zu den Niederlanden wird ganz nebenbei auch noch überquert. Euch erwartet Natur pur, aber auch turbulentes Stadtleben: Die Vechtetalroute garantiert Abwechslung auf und neben der Route. Unser Tipp für Leute, die nur ein langes Wochenende Zeit haben und nicht die ganzen 223 Kilometer angehen wollen: Start in Nordhorn, dann drei besonders schöne Etappen – kann gleich losgehen mit dem guten Leben!

Nordhorn

So kommt ihr mit der Bahn nach Nordhorn: Anreise planen.

Donnerstagabend

Erst mal in Nordhorn in der Grafschaft Bentheim ankommen und durchatmen. Nach dem Check In im Hotel eurer Wahl empfiehlt sich ein kurzer „walk in the park“ (unbedingt im „Café Kaffeemühle“ halt machen) oder alternativ eine Bootstour auf dem charmanten Vechtesee mitten in der Stadt. Zum Abendessen gibt's hier zum Beispiel asiatische Küche: Im Hoch 5 stehen neben grandiosen Cocktails auch feines Sushi auf der Karte. Natürlich gibt’s in Nordhorn noch einige andere Möglichkeiten, gut zu essen, aber der Bonus der Hoch 5-Bar Lounge ist: der Blick. Die Dachterrasse ist einzigartig und stimmt schon mal perfekt auf die kommenden Tage ein: Was! Für! Feine! Aussichten!

Freitag

Nordhorn – Emlichheim (Routenlänge: ca. 52 km)

Die erste Etappe der „Tour de Vechtetal“ verspricht wilde Heideflächen, Moore und idyllische Wälder. Doch die romantische Naturlandschaft der Grafschaft Bentheim ist nur einer der Vorzüge, die sich diese ganz besondere Radwandertour auf die Fahnen schreibt: Es geht immer auch um Kunst! Oder besser um kunstwegen, eine Ansammlung von inzwischen über 80 Skulpturenprojekten, die das Vechtetal auf seiner Strecke umsäumt: Sandsteine, Großfotos, Wandarbeiten, Eisenplastiken und zum Teil aufwändige Installationen sorgen immer wieder dafür, dass (Rad-)Wanderer staunend innehalten. Auf der heutigen Strecke sorgen vor allem die beiden kunstwegen-Exponate „tumulus“ am Spöllberg und „Ein Weg durch das Moor“ für Aufsehen. Bei „Tumulus“ handelt es sich um Art in Progress, wenn man so will. Die 240 Meter lange Eisenkette, die Luciano Fabro 1999 mit der Hilfe von 200 Menschen am Spöllberg ablegte, versinkt Stück für Stück im Boden und wird von der „grünen“ Natur nun ganz langsam überwachsen.

Beeindruckend, doch nur eine der Sehenswürdigkeiten, die auf der Etappe zwischen Nordhorn und Emlichheim zu beachten wären: Auch das Kloster Frenswegen und die Burgruine mit dem kuriosen Namen „Herrlichkeit Lage“ sind einen Abstecher wert. Definitiv eine Spur wohnlicher als die Ruine präsentiert sich das 600 Jahre alte Kloster Frenswegen, das hochherrschaftlich mitten in der Grafschaft Bentheim residiert, von alten Bauernhöfen umgeben. Seit 1979 ist auf dem Klosterareal eine ökumenische Begegnungsstätte entstanden, die allerdings – zur Freude von Radfahrern und Wanderern – auch für „Laufkundschaft“ offen ist: So könnt ihr euch, je nach Gusto, auch mit dem berühmten Labyrinth im Ostgarten des Klosters auseinandersetzen, welches der europaweit wohl bekannteste Labyrinth-Künstler Gernot Candolini erschaffen hat. Zur Belohnung – oder als Trost, je nachdem – lockt das gemütliche Café am Kloster. Hier wird täglich ein reichhaltiges Frühstücksbuffet angeboten, am Nachmittag dürfte dann eher die stolze Anzahl an Kuchen und Torten von Interesse sein.

Die Burgruine „Herrlichkeit Lage“ indes kann mit solchen kulinarischen Versuchungen nicht dienen, denn das 1183 erstmals urkundlich erwähnte Renaissance-Kastell wurde 1626 nicht zum ersten Mal, aber bis heute zum letzten Mal belagert und zerstört. Stattdessen steht seit 1686 in der Nähe der auch in ruinösem Zustand noch durchaus ansehnlichen Burg ein schönes Herrenhaus. Besucher zieht auch die Wassermühle in Lage an, 1270 erstmals erwähnt und inzwischen so fein restauriert, dass man die Mühle auch heute noch ab und zu in Betrieb erleben kann.

Übernachtunstipp: Im schicken Backstein-Hotel Hof Veldink in Emlichheim ist man gut aufgehoben. Das Hotel strahlt gediegene Eleganz bei gleichzeitiger ländlicher Lässigkeit aus. Und wer am Abend aushäusig essen gehen möchte, findet im Gasthaus Gerbrand Schurmann eine Speisekarte vor, auf der auch die Spezialitäten des Nachbarlandes nicht fehlen …

Samstag

Emlichheim – Ommen (NL) (Routenlänge: ca. 49 km)

Kleiner Grenzverkehr: Auf der Etappe von Emlichheim nach Ommen macht ihr rüber nach Holland und erreicht nach der Fahrt durch Laar unter anderem das kunstwegen-Informationszentrum in Gramsbergen. Doch bevor ihr euch dort den Hintergründen dieses außerordentlichen Kunstspektakels widmet, sollte ihr auch ein paar Minuten Zeit für Gramsbergen selbst haben: Der restaurierte Stadtkern wirkt überaus romantisch, vor allem in den Abendstunden, wenn die nostalgischen Laternen einen flüchtigen Schimmer über das Städtchen legen. Mit ein wenig Glück kann man im Sommer ein Theaterstück oder eine Musikaufführung im Gramsberger Freilufttheater erleben. Und wenn man schon mal in der Nähe ist: Solch einen „Teichgarten“ wie den von Ada Hofmann in Loozen (etwa drei Kilometer von Gramsberg entfernt) gibt’s in Europa wohl kein zweites Mal – 50 Teiche, 3000 verschiedene Sorten von Pflanzen, Sträuchern und Bäumen – für Naturliebhaber ist das ein Pflichtbesuch.

Eine schöne Möglichkeit, die Vechte-Fahrradtour auch noch mit einem anderen Fortbewegungsmittel aufzupeppen, bietet die Fahrt mit der Vechtezomp. Falls ihr jetzt fragend die Stirn in Falten legt: Bei diesem Wasserfahrzeug handelt es sich um den Nachbau eines historischen Flachbodenschiffes, mit dem früher Güter, vor allem Bentheimer Sandstein, über die Vechte transportiert wurden. Heute sitzen hauptsächlich Ausflügler in dem schicken Wasseroldtimer und haben eine prima Zeit.

Mit der Vechtezomp „de Mölle“ kann man die unberührte Natur und faszinierend vielfältige Landschaft vom Wasser aus genießen. Erfahrene Skipper fahren euch mit dem historischen Flachbodenschiff aus Emlichheim über die Vechte oder den Coevorden-Almelo-Kanal, bis schon nach kurzer Zeit die deutsch-holländische Grenze passiert wird.

Zurück auf der regulären Strecke locken wieder zwei interessante Kunstwerke aus der kunstwegen-Route, „Wortlos“ von IIlya & Emilia Kabakov und „Chain Reaction“ von Bonnie Collura – und die Stadt Ommen selbst natürlich, das Endziel der Etappe. Ommen wurde 2013 als Wandergemeinde des Jahres ausgezeichnet, eine Vielzahl von Themenrouten stellt euch vor die Wahl. Oder lieber mal nur bummeln? Von den fünf Mühlen des Städtchens empfehlen wir besonders De Lelie: Dort kann man nicht nur schauen, sondern auch regionale Produkte in einem kleinen Lädchen kaufen. Und wer am Abend hungrig nach ehrlicher Küche mit anständigen Preisen Ausschau hält, wird im Restaurant Ekkelenkamp nicht enttäuscht.

Sonntag

Ommen (NL) – Zwolle (NL) (Routenlänge: ca. 41 km)

Nach so viel Wasser, Wald und Wiese wird’s nun ein wenig städtischer: Schließlich ist das Ziel dieser letzten Etappe mit Zwolle und seinen 120 000 Einwohnern eine richtige Metropole. Bis man in der modernen Hansestadt ankommt, geht’s auf ausgezeichneten Radwegen, oft aber auch auf einem echten Vechtedamm über Land. Schon die Fahrt hinein nach Zwolle ist ein Highlight und führt durch ein Naherholungs- und Vogelschutzgebiet. Unbedingt mitnehmen auf dem Weg: ein kleiner Stopp am Aussichtsturm De Stokte, der einen prima Panoramablick über das Flussgebiet der Vechte anbietet. Der Turm selbst sieht ein wenig so aus wie ein stählerner Förderturm im Ruhrgebiet, 20 Meter hoch und von außen mit schicken Holzlamellen verkleidet – ein Hingucker.

Das gilt auch für das Landgut Vilsteren, das 1839 als Herberge gegründet wurde und heute wie ein Freilichtmuseum wirkt: Auf über 1000 Hektar gruppieren sich neben einem Herrenhaus noch eine Mühle und der historische Hof – und mit dem Gasthaus De Klomp auch ein wunderbares Hotel mit einem ebenso feinen Restaurant. Nichts für unschlüssige Radler: Wer hier zu lange rastet, will den Rest der Strecke bis Zwolle womöglich gar nicht mehr fahren …

Wäre aber ein Fehler: Zwolle ist eine lebendige Stadt mit einem mittelalterlichen Zentrum, das jede Stunde wert ist, in der man sich dort aufhält. Besonderheit: Die Altstadt ist malerisch vom Wasser umgeben, ein Kanal – der mit Booten befahrbar ist – führt direkt in die Nachbarstadt Kampen. Auch unbedingt sehenswert in Zwolle: Der Sassenpoort, das einzig erhaltene Stadttor der früheren Befestigungslage, ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Im Museum de Fundatie sind Werke von Vincent van Gogh und Piet Mondrian zu sehen.

Auch für Freunde des entspannten Shoppens ist Zwolle ein prima Pflaster: In der historischen Altstadt finden sich zahlreiche hübsche Geschäfte. Hervorzuheben hier: „Waanders in de broeren“, ein Buchladen in einer Kirche. Zum guten Abschluss auch hier noch ein kulinarischer Tipp für einen schönen Abschluss der Tour: Im De Hofvlietvilla kann man in einer schicken Villa mit ebenso schicker Terrasse am Wasser essen: ein Abend für Magen und Seele!

An- und Abreise: Bahnreise von Zwolle nach Nordhorn möglich, mehr Infos unter www.bahn.de. Es gibt auch eine Bahnverbindung von Bad Bentheim über Nordhein nach Neuenhaus in der Grafschaft Bentheim: www.be-mobil.de