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Bei Ricky Saward, dem ersten veganen Sternekoch Europas, geht es nicht um Verzicht, sondern um Purismus. Und um die volle Ladung Geschmack. Und sein Restaurant „Seven Swans“ ist bei weitem nicht das einzige kulinarische Highlight in Hessen. Am Ende des Artikels findest du weitere Tipps für eine Genussreise durch das Bundesland.

Wer nach einem Sechs-Gänge-Mahl bei Ricky Saward im „Seven Swans“ zu nächtlicher Stunde raus auf den Mainkai tritt, der hält sich nicht stöhnend den Bauch. Der fühlt sich leicht, beschwingt und von ungeahnter Zuversicht erfüllt. Der hatte Rettich und Verbene auf dem Teller, Sellerie und Lupine, Rotkohl und Rote Bete, Kartoffel und Bärlauch, Apfel und Mädesüß. Der hat die Früchte der hessischen Erde nicht nur gebraten oder geschmort genossen, sondern geröstet, gereift und geräuchert, fermentiert und eingelegt. Wer in Ricky Sawards veganem Restaurant in Frankfurt am Main zu Besuch war, der findet das eigene kulinarische Vorleben auf der Basis von Fleisch, Wurst und Käse auf einmal ziemlich banal. Und nahezu unerträglich langweilig.

Vegane Umami-Bomben

Wer sie nicht kennt, erwartet von veganer Küche oft fade Rohkost, in Verzicht getränkt und garantiert genussfrei. Wie, so vermutlich der Gedanke, sollte es auch anders sein, wenn nun mal kein Fleisch zur Verfügung steht und nicht einmal der Hauch eines Sahnesößchens? Ricky Saward, der 34-jährige Küchenchef und Co-Besitzer des „Seven Swans“, muss da lachen. „Ich weiß“, sagt er, „die Leute glauben, vegan kann ja nicht schmecken. Aber bei mir gibt es keine Rohkost und keine Healthy Bowls. Bei mir gibt’s echte Umami-Bomben. Ich bin der Schmackofatz-Veganer.“ Anders hätte das „Seven Swans“ in Hessens Metropole im Jahr 2020 wohl kaum seinen Michelin-Stern erhalten – als erstes veganes Restaurant der Welt.

Radikal nachhaltig, regional und saisonal

Dass an veganer Küche kein Weg vorbeiführte, wenn er radikal nachhaltig, regional und saisonal sein wollte, davon war Ricky Saward überzeugt, als er das Restaurant, damals noch eine vegetarische Adresse, 2018 übernahm. „Die Umstellung fiel nicht schwer, weil schon 80 Prozent aller Zutaten aus selbst angebauten oder in der Natur gesammelten Pflanzen stammten. Wir mussten nur noch auf zugekaufte Milchprodukte verzichten. Bald wollen wir sogar ganz autark werden, sodass wir gar nichts mehr zukaufen müssen.“ Denn auch das macht das „Seven Swans“ zu einer besonderen Adresse: Was in der Küche verarbeitet wird, stammt aus dem hauseigenen Gemüsegarten in Bad Homburg, wo in Permakultur auf fünf Hektar Land Gemüse, Früchte und Kräuter angebaut werden. „340 Sorten hatten wir vor der Pandemie“, berichtet Ricky, „denn was wir kochen, stammt fast alles von hier. Wir verwenden deshalb auch keine Gewürze, die ja alle Exoten sind. Wir würzen nur mit Salz.“

Hier erklärt Ricky Saward das Geheimnis seiner Küche

Zu neuen Geschmacksufern

Jedes Jahr im Januar plant Ricky die Bepflanzung des Gartens; danach übernimmt ein dreiköpfiges Gärtnerteam. Ricky verschwindet in der Küche, wo er sich jedes einzelne Gemüse anguckt. Und überlegt, was sich aus den einzelnen Komponenten machen ließe, aus Wurzel, Schale, Grün. „Es geht mir nicht darum, Fleisch zu ersetzen. Ich will Gemüsekoch sein. Es gibt so viele verschiedene Wege, die Geschmacksnuancen von Gemüse auszudrücken. Durch süß-saures Einlegen, durchs Reifenlassen, durchs Fermentieren bringen wir geschmackliche Tiefe in die Produkte. Eine Kartoffel kann man zum Beispiel in der Erde backen, kann ihre angeröstete Schale zu einem extrem eingekochten, karamelligen Sud verarbeiten. Dazu ein Aioli aufschlagen aus siebenfach ausgekochtem, cremigem Knoblauch und Bärlauch-Öl.“

Jedes Gericht, sagt Ricky, erzähle eine Geschichte – durch Farbe, Geschmack, Konsistenz, Mundgefühl und andere Faktoren. Der Gast müsse sich nur darauf einlassen. „Bei uns gibt es keine Menükarten. Man muss uns vertrauen! Und das kommt bei den Gästen gut an.“ In den zwei Räumen des „Seven Swans“ sitzt, was Ricky als „neue deutsche Food-Generation“ bezeichnet. Leute zwischen 25 und 35 Jahren, die viel Geld für gutes Essen ausgeben. „Wenn bei mir zwei Studenten essen, die sich das Geld lange zusammengespart haben“, freut sich der Sterne-Koch, „ist das für mich das größte Kompliment.“

Noch mehr leckeres Hessen

Neben dem ersten veganen Sternekoch gibt es in Hessen noch andere Kochkünstler, die Dich mit ihren Kochkünsten verzaubern wollen. Hier kommen ein paar weitere Tipps für Feinschmecker.

Uwe & Uli, Taunus — Hessisch mit kreativer Note

Maultaschen mit Kürbis und Buchenpilzen und zum Dessert Crème brulée aus Tonkabohnen mit Mandarinensorbet: Bei Uwe & Uli in Usingen im Taunus verbinden sich regionale Produkte mit Aromen aus aller Welt zu höchstem Genuss. Uwe kocht, Uli kümmert sich um die Weinauswahl, und das 300 Jahre alte Fachwerkhaus steuert eine feine Prise Historie und Ambiente zum Gesamterlebnis bei.

Café Siefert, Odenwald — Beim Weltmeister

Noch nie Odenwälder Honigtrüffel mit Fenchelhonig probiert? Dann nichts wie ab in das Michelstädter Café von Konditorenweltmeister Bernd Siefert. Süßschnäbel finden dort auch feinste Torten, Konfitüren und Gebäck. Dazu gibt‘s den duftenden Espresso einer lokalen Kaffeerösterei.

Zenzakan, Frankfurt — Asien im Herzen und auf dem Teller

Dumplings mit Wagyu-Rind oder Hummersuppe mit Thaicurry: In seinem „Pan Asian Supperclub“ verwandelt Itsunori Saito edelste, fernöstliche Produkte in kreative Neuinterpretationen typischer Gerichte aus Japan, China, Thailand und Vietnam. Dazu feine Weine und – für danach – ausgefallene Cocktails an der Bar.

Franziska, Frankfurt — Dinner mit Aussicht

Die Skyline von Mainhattan glitzert in der Abendsonne vor den Fenstern des Restaurants Franziska. Dazu passt ein Glas edler Rotwein und das Kalbsfilet „Mainhattan Style“. Oder doch lieber die Bratkartoffeln von Tante Franziska? Zum Dessert auf alle Fälle „Milk & Honey“, das Milchmädchen-Honig-Eis. Und zwischendrin immer wieder den Blick genießen. Das Auge isst schließlich mit.

Carte Blanche, Frankfurt — Probier doch mal!

Unentschlossen über der Speisekarte grübeln? Nicht bei Sebastian Ziese. In seinem Restaurant gibt
es keine Karte. Dafür zaubert Ziese Überraschungsmenüs aus frischem Tageseinkauf. Und nimmt seine Gäste zu regelrechten Genuss-Entdeckungsreisen mit. Was er wohl aus Feige, Kohlrabi und Büsumer Krabben kreiert?

Titelbild: Die grüne Gemüsekaltschale ist eines der einfallsreichen Rezepte von Ricky Saward © Simon Bolz/Seven Swans

In Zusammenarbeit mit Hessen Tourismus

Wandern durch stille Mittelgebirge, alte Buchenwälder oder Streuobstwiesen, Paddeln auf der Lahn, schönstes mittelalterliches Fachwerk gucken und die Atmosphäre historischer Kurorte schnuppern – Hessen macht romantische Seelen rundum glücklich. Bei Weinwanderungen, in hessischen Metzgereien und bei „Handkäs mit Musik“, einem eingelegten Käse, kommen aber auch Genießer voll auf ihre Kosten. Gründe für einen Urlaub in Hessen gibt es genug!

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