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Braunvieh auf der Weide und behäbige Höfe suggerieren bayerisch-schwäbisches Bauernlandidyll im Norden des Oberallgäus. Im Süden ragen die schroffen Gipfel der Allgäuer Hochalpen auf. Dort wünscht man mit allen Fasern, den Blick aus der Vogelperspektive: über das Illertal, auf den weiten Talkessel von Oberstdorf, auf die steilen Zweitausender, tief eingeschnittene Tobel und den Fleckerlteppich grüner Alpen. Das wäre Glückseligkeit pur.

Leseprobe aus DuMont Bildatlas: Berge und Seen im Süden

Dieser Artikel stammt aus dem Buch Berge und Seen im Süden aus dem DuMont Reiseverlag. Dort findet ihr auf 208 Seiten Ideen für euren Urlaub in den Bergen und an den Seen im Süden Deutschlands. Die Redaktion hat ihre Lieblingsziele in den Bergen, Traumwander- und radtouren sowie die besten Bilder für euch gesammelt.

 

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Im Frühtau zu Berge

An der Talstation der Nebelhornbahn im Oytal drängen sich die Menschenmassen zur gemächlich den Berg emporschwebenden Gondel. Das Nebelhorn ist einer der markantesten und attraktivsten Gipfel der Allgäuer Hochalpen. Seit 2016 lockt der Nordsteig auch Nicht-Bergfexe auf den Gipfel. Ohne sichernde Ausrüstung kann man an der fast senkrecht abfallenden Nordflanke entlangspazieren und risikolos einen Blick in die Tiefe werfen.

Auf eine lange Geschichte wirtschaftlicher, bergsteigerischer und touristischer Nutzung blickt auch der nördlichste Berg der Allgäuer Alpen zurück, der Grünten. Bereits im Mittelalter haben sich die Hauer auf der Suche nach Erz in seine Flanken gegraben. 1852 errichtete Carl Hirnbein hier das erste Berghotel des Allgäus, die heutige Grüntenhütte, immer noch ein schöner Platz zur Einkehr.

Ganz bequem schwebt man von Oberstdorf mit der Seilbahn auf das 2224 m hohe Nebelhorn © picture alliance / DUMONT Bildarchiv | Thomas Roetting / Sylvia Pollex

Naturschutz in privater Hand

1998 erwarb der Unternehmer Manfred Kurrle die ehemalige Jagd des Prinzregenten Luitpold, die zwölf Kilometer südlich von Oberstdorf liegt, und wandelte sie in die Naturschutzstiftung Allgäuer Hochalpen um. Es ist ein traumhaft schöner Landstrich, eingerahmt von Trettachspitze, Mädelegabel und Hochfrottspitze, ein wunderbares Wandergebiet. Behutsam wurden Alphütten wie die über zweihundertjährige Breitengehren-Alpe oder die Buchrainer-Alpe renoviert, die nun weiterhin in dieser Traumlandschaft mit Wasser, Strom versorgt sind.

Der die Bäume spürt

Kunst liegt in der Luft über dem schmucken Kurort Bad Hindelang. Im Ostrachtal waren und sind besonders talentierte Holzbildhauer zu Hause, darunter die Familie Eberhard. Franz Eberhard wird Mitte des 19. Jahrhunderts die Wiederbelebung der Fasnetsmasken zugeschrieben. Er „schnipfelte“ mehrere Prototypen der bis heute am häufigsten verwendeten Larven für das Hindelanger Butzentreiben. Mit Larven- oder Herrgottschnitzerei haben die Arbeiten von Christoph Finkel in Vorderhindelang nichts gemein. Wenn überhaupt, könnte man die Technik, in der seine Holzobjekte entstehen, dem Drechslerhandwerk zuordnen. Für seine dünnwandigen Kunstobjekte aus Holz holt er im Frühjahr mit dem Hornschlitten aus dem Bergwald – von Sturm oder Lawinen gefällte, uralte Bäume, die zu atemraubend schönen Schalen werden.

Die Rinder kehren heim

Der Viehscheid an einem Wochenende im September – das genaue Datum hängt von der Witterung ab – gehört zu den bekanntesten und malerischsten Festveranstaltungen im Allgäu. Für die von Jahr zu Jahr zahlreicher werdenden Zuschauer mag das gelten; für die Almhirten, die das Vieh nach dem rund hunderttägigen Bergsommer Hinuntertreiben zum Scheidplatz, bedeutet dies den kraftzehrenden Abschluss einer arbeitsreichen Saison. Die Tage davor haben sie die Rinder von abgelegeneren Weiden zurück zur Alm geholt und diese winterfest gemacht. Schließlich haben sie die Tiere mit Blumen- und Kräuterbuschen geschmückt, manche auch mit Spiegelscherben, um Unheil fernzuhalten, und ihnen Glocken umgehängt. Die großen, schweren Zugschellen tragen die Rinder nur zu dieser Gelegenheit. Angeführt von der Kranzkuh mit dem prächtigsten Blumenschmuck, geht’s dann hinunter ins Tal, wo die Tiere auf dem Viehscheidplatz ihren jeweiligen Besitzern zurückgegeben werden. Die Rückkehr der Jungrinder, die den Sommer auf einer Galtalm verbracht haben, ist Anlass für die großen Viehscheidfeste mit Bierzelt, Musik und Tanz. Der Abstieg der Milchkühe von den Sennalpen, wo Käse und Milchprodukte hergestellt wurden, läuft ein paar Tage später eher unspektakulär ab.

Das Leitrind wird mit einem Kranz geschmückt - allerdings nur, wenn es im Alpsommer weder bei Mensch noch Tier einen Unfall gab © picture-alliance / DUMONT Bildarchiv | Reinhard Eisele

Infos & Empfehlungen für euren Urlaub im Oberallgäu

Kempten

Die größte Stadt des Allgäus (70 000 Einw.) wuchs erst 1818 aus zwei Siedlungen zusammen. Unter römischer Herrschaft war sie als Cambodunum ein blühendes Gemeinwesen. Zu den Highlights gehören:
Rathausplatz mit dem strahlend weißen, von einem Turm gekrönten Rathaus (1474): Prächtige Barock- und Rokokofassaden stolzer Patrizierhäuser, darunter der Londoner Hof (1764) und das Ponikauhaus (1740), rahmen den Rathausplatz ein.
Erasmuskapelle: Die Erasmuskapelle (13. Jh.), das ehemalige Beinhaus, bildet den stimmigen Rahmen für eine sehenswerte Multivisionsschau zur Stadtgeschichte.Do.–Di. 11.00–18.00 Uhr, jeweils zur vollen Std.
Stiftstadt mit Klosterkirche St. Lorenz: Die Stiftsstadt wurde nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges in vollendetem Barock neu errichtet. Baumeister der vierflügeligen fürstäbtlichen Residenz. Führung April bis Sept. Di.–So. 9.00–15.45, Okt. 10.00–16.00, sonst nur Sa., So. 10.00–16.00 Uhr, alle 45 Min.
Das Römische Cambodunum: Das römische Cambodunum lag oberhalb des östlichen Illerufers auf dem Lindenberg. Sein Forum, eingebettet in einen Park, ist frei zugänglich; der rekonstruierte Tempelbezirk vermittelt einen Eindruck von der Anlage einer gallo-römischen Kultstätte. Cambodunumweg 3; März–Nov. Di.–So. 10.00–17.00 Uhr

Kempten – die größte Stadt des Allgäus weiß mit vielen Highlights zu überzeugen © Bildagentur Zoonar GmbH/Shutterstock.com

Immenstadt im Allgäu

Auf den ersten Blick viel Gewerbe und Industrie; der historische Ortskern ist übersichtlich. Am Nordostrand des Naturparks Nagelfluhkette gelegen, bietet sich Immenstadt aber als Ausgangspunkt für Bergtouren an. Besonders lohnenswert:
Altstadt: Die kleine Altstadt um das Montfort-Schloss ist schnell besichtigt. Ein Besuch bei der anmutigen Madonna (1470) von Ivo Striegel in der barocken Kirche St. Nikolaus und ein Bummel über den Marienplatz, auf dem samstags Markt gehalten wird, machen mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vertraut.
Bergbahn zum Alpsee Coasters: In der Alpsee-Bergwelt am Westende des Großen Alpsees führt eine Bergbahn zum Start des 3 km langen Alpsee Coasters, der mit zahlreichen Hürden den Hang hinuntermäandert (www.alpsee-bergwelt.de; Jan.–April Sa., So. 10.00–16.30, Mai, Okt. tgl. 10.00–17.00, Juni, Juli, Sept. bis 18.00, Aug. bis 19.00 Uhr).
Mitmachbauernhof: Der Mitmachbauernhof im Allgäuer Bergbauernmuseum ist ein lehrreicher Spaß für Groß und Klein. (10 km nordwestl.; Diepolz 44, www.bergbauernmuseum.de; Ende März–Anf. Nov. tgl. 10.00–18.00 Uhr)

Immenstadt – guter Ausgangspunkt für Bergtouren © Hagen Simon/Shutterstock.com

Bad Hindelang

Das „Bad“ trägt die Marktgemeinde (5000 Einw.) erst seit 2002 im Namen. Der eilklimatische Kneippkurort bietet dem gesundheitsbewussten Gast auch Mooranwendungen. Sehenswert:
Jagdschloss: Das Jagdschloss (17. Jh.; Marktstr. 9) der Augsburger Fürstbischöfe nutzt heute der Bürgermeister als Amtssitz. Faszinierende Kunstobjekte drechselt der 1971 in Hindelang geborene Christoph Finkel aus dem Holz der Bergwälder (Ausstellungsraum: Hauptstr. 16, Vorderhindelang, www.finkel-bowls.com; Mi.–Fr. 14.00–17.00 Uhr oder n. Vereinb.).

Bad Hindelang – schmucker Urlaubsort im Oberallgäu © RudiErnst/Shutterstock.com

Oberstdorf

Oberstdorf ist mit 9500 Einw. der touristische Mittelpunkt des Oberallgäus. 1888 wurde eine Eisenbahnlinie gebaut, die Sommerfrischler in das von Nebelhorn, Fellhorn, Höfats und Mädelegabel umschlossene Hochtal brachte. Oberstdorf ist auch heilklimatisches Kneippbad. Zu den Highlights gehören:
Pfarrkirche St. Johann: Die Pfarrkirche St. Johannes der Täufer birgt gotische Kostbarkeiten wie die „Schöne Oberstdorferin“, eine um 1490 entstandene Madonna.
Heimatmuseum: Im Heimatmuseum dreht sich alles um die einst harten Lebensbedingungen der Oberstdorfer und die Entwicklung zum Fremdenverkehrsort. Oststr. 13, www.heimatmuseum-oberstdorf.de; Di.–Sa. 10.00–12.00, 14.00–17.30 Uhr, bei Regen auch So.
Naturmoorschwimmbad: Bei Reichenbach (5 km nördl.) versteckt sich ein nostalgisches Naturmoorschwimmbad (Reichenbach 70, www.moorstueble.de; wetterabhängig etwa Juni–Sept. 10.00–19.00 Uhr).
Tandem-Gleitschirmflug: Das Oberallgäu von oben erlebt man bei einem Tandem-Gleitschirmflug von der Mittelstation der Nebelhornbahn.Vogelfrei, Infobüro Nebelhornbahn, Nebelhornstr. 67 b, www.vogelfrei.de

Oberstdorf – touristischer Mittelpunkt des Oberallgäus © kamienczanka/Shutterstock.com

Leseprobe: DuMont Bildatlas „Deutschland – Berge und Seen im Süden“

Titelbild: Bei einer Wanderung durch Stillachtal und Rappenalptal gelangt man zum Rappensee auf 2047 m Höhe © picture alliance / DUMONT Bildarchiv | Thomas Roetting / Sylvia Pollex

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