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Moderne Neubauten, cooles Flaschendesign und bunte Events – bei immer mehr baden-württembergischen Winzern wird die Weinprobe zum Kultur-Highlight.

Das in einen Hang etwas oberhalb von Vogtsburg-Bischoffingen hineingebaute, kantige Gebäude mit der rostbraunen Cortenstahl-Fassade ist weithin sichtbar; unauffällig kann man den Sitz des Weinguts Abril wirklich nicht nennen. Hinter dem „Roschtkäschtle“, wie Einheimische den Neubau gern nennen, steigen die Weinberge wie Ränge in einem Amphitheater auf. Der 2011 fertiggestellte Neubau markiert ein neues Kapitel in der 280-jährigen Geschichte des Unternehmens. 

Im Inneren herrscht Lounge-Ambiente. Der helle Verkaufsraum ist ebenso geräumig wie elegant-aufgeräumt. Nicht nur architektonisch ist der Bau hochmodern, auch die Kellertechnik ist auf dem allerneuesten Stand. Ein Schlaraffenland für den Kellermeister, nennt es die Geschäftsführerin Eva-Maria Köpfer. Zugleich wurde nachhaltig und energieeffizient gebaut. So lässt sich etwa der Rebensaft allein durch Falldruck umpumpen, da die Anlieferung ein Stockwerk über dem Keller liegt. Ganz nebenbei erhöht dieser schonende Vorgang am Ende die Qualität der Weine.

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So viele Winzer wie rund um Freiburg gibt es hierzulande wohl kaum in einer anderen Region. Denn an den Hängen des sanft-hügeligen Rheintals im sonnenverwöhnten Südwesten der Republik gedeihen die Trauben besonders gut; angebaut werden traditionell vor allem Weiß- und Grauburgunder. Um sich als Winzer von der Konkurrenz abzuheben, braucht es hier mehr als nur einen guten Wein – auch das „Drumherum“ spielt eine zunehmend größere Rolle: das Design der Etiketten und der Flaschen und nicht zuletzt eben auch eine zeitgenössische, moderne Architektur des Weinguts selbst.
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Familien-Weingut und Szene-Location

Am Ortsrand von Ettenheim schlängelt sich der Weg den Hügel hinauf zum Weingut Weber, vorbei an einem alten Walnuss-Hain. Im Jahr 2013 wurde der imposante Neubau der Winzerfamilie fertiggestellt – zu sehen ist nur die hohe, gläserne Front der Vinothek. Denn der weit größere Teil des Gebäudes – die Produktionshalle und der Weinkeller – sind in den Berg hineingebaut. Das ist mehr als nur ein architektonischer Clou; im Weinkeller bleiben so die Temperaturen sommers wie winters stabil, es muss weder geheizt noch gekühlt werden. Der Neubau entstand unter der Ägide von Michael Weber, der das Weingut der Familie in der fünften Generation leitet: „Geradlinig und unverschnörkelt – in der Architektur des Gebäudes spiegelt sich unsere Philosophie wider“, erzählt Weber. In quaderförmigen, dreh- und verschiebbaren Regalen, die im Verkaufsraum zu schweben scheinen, sind kaum zwei Dutzend Weinflaschen ausgestellt. Von jeder Sorte nur eine Flasche. Regelmäßig wird der Showroom zum Dancefloor: Weber hat das Weingut in den letzten Jahren zur Event-Location gemacht, veranstaltet hier etwa After-Work-Partys mit DJs, Clubsounds und aufwendiger Lightshow. Mit dem Architektenhaus präsentieren die Webers ihre Weine zeitgemäß, mit der urigen Weinstube nebenan, im alten Gebäude, beweisen sie zugleich Traditionsbewusstsein und Bodenhaftung. 

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Kreativität statt Tradition: Jung-Winzer brauchen Ideen, um erfolgreich zu sein

Vom Status „Traditionsunternehmen“ ist Bettina Schumanns Kellerei noch weit entfernt – erst 2015 gründete die gebürtige Berlinerin ihr Weinhaus in Königschaffhausen am Königsstuhl. Mit ihrer Partnerin, der Sommelière Melanie Panitzke, produziert sie heute rund 60.000 Flaschen im Jahr. Auch um das Design der Flaschen und Verpackungen kümmern die beiden sich selbst: Ein roter Damenschuh ist das Markenzeichen des Weinhauses. Logisch, meint Schumann, bei ihrem Namen – und ihrem Faible für rote Schuhe. „Bis in die Puppen” oder „Famose Schose“ steht statt der sonst üblichen Lage-Bezeichnung auf dem Etikett: Der Berliner Dialekt als Reminiszenz an ihre Herkunft – und gewissermaßen als Äquivalent zur Tradition, auf die viele alteingesessene Winzer auf ihren Flaschen verweisen. Schumann studierte Weinbau und Önologie, sammelte Erfahrung als Kellermeisterin, bevor sie sich schließlich selbstständig machte. Panitzke kommt aus der Sternegastronomie und stieg 2018 in die Kellerei ein. Das gemeinsame Credo: „Guter Wein muss Spaß machen – und getrunken werden“, erklärt Panitzke und ergänzt: „Viele Spitzenweine sind oft reine Sammelobjekte, über die in erster Linie nur geredet wird.“ Wie zum Trotz haben die beiden ausgerechnet Rosé-Weine zu ihrer erklärten Leidenschaft gemacht – und wollen die bei Weinkennern regelrecht verpönte Sorte aus der Nische holen.

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Badischer Wein für die Welt und Laissez-faire am Weinberg

Mit dem Ziel, dem badischen Wein zum internationalen Erfolg zu verhelfen, haben sich 54 badische Nachwuchs-Winzer zur „Generation Pinot“ zusammengeschlossen; bei aller Konkurrenz ziehen sie gemeinsam an einem Strang, tauschen ihre Erfahrungen und ihr Wissen über Anbau- und Kellertechniken aus. Michael Weber und Bettina Schumann gehören ebenso dazu wie Felix Scherer und Michael Zimmer, zwei Jungwinzer aus Bad Krozingen. Auf der Winzerschule haben die beiden sich kennengelernt, gründeten dann ihr gemeinsames Weingut. Repräsentative Räumlichkeiten gibt es nicht; ihre Kellerei haben sie im ehemaligen Schweinestall auf dem Hof von Scherers Familie eingerichtet. Auf rund zehn Hektar bauen sie jetzt Burgunderweine an – und versuchen dabei auch mit ökologischen Anbaumethoden ihr Glück. Etwa mit sogenannten „effektiven Mikroorganismen“, Bakterien, die auf ganz natürliche Weise für eine gesunde Rebe sorgen sollen. Die Weine reifen dann in alten Barrique-Fässern aus dem Burgund heran. Auch Scherer und Zimmer haben eine Mission: Sie wollen dem Gutedel zu einem besseren Ansehen verhelfen. Statt auf Hightech setzen beide auf größtmögliche Einfachheit, auf Qualität durch Naturnähe: „Anfangs fehlte uns schlicht auch die Ausstattung, wir mussten viel improvisieren – und haben dabei festgestellt, dass man mit Top-Trauben nicht viel anstellen muss, um guten Wein zu bekommen.“ Auch die Flaschenetiketten sind minimalistisch designt, viel drauf steht nicht – nur welcher Wein drin ist, aus welcher Rebsorte er gemacht wurde. 

Gute Weine aus Württemberg und schöne Bauten in Baden

Überall in den Weinregionen Badens und Württembergs haben Winzer elegante, moderne Neubauten verwirklicht, insbesondere die mit dem „Weinsüden”-Siegel ausgezeichneten 14 Vinotheken und 61 Hotels schaffen Verbindungen von Wein, Architektur und Design. Um das Siegel tragen zu dürfen, müssen die Häuser strenge Kriterien erfüllen: Neben einer hochwertigen Wein-Auswahl und einem großen Wissen über die regionalen Weine bieten die Vinotheken Veranstaltungen rund um den Rebensaft an. In den „Weinsüden”-Hotels nächtigt man nicht nur mitten im Anbaugebiet, es gibt außerdem Weinführungen, Verkostungen und Besuche bei Winzern in der Region. 

Hier in der Bildergalerie könnt ihr euch durch einige weitere Beispiele für gelungene Neu-, An- und Umbauten von Weingütern in Baden-Württemberg klicken:

Titelbild: Coole Kontraste – Design und Natur vereint im Weinberg © Udo Bernhart

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