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Spätestens, wenn man die schwankende Hängebrücke und die monumentalen Skulpturen mitten im Wald zwischen den Bäumen erlebt hat, versteht man, weshalb der Rothaarsteig den Beinamen ›Weg der Sinne‹ völlig zu Recht trägt.

Leseprobe aus Entdecke Deutschland – Ausflüge ins Grüne

Dieser Artikel stammt aus dem Buch Entdecke Deutschland – Die schönsten Ausflüge ins Grüne aus dem DuMont Reiseverlag. Dort findet ihr auf 192 Seiten Tipps für 40 besondere Ausflüge und Aktivtouren – mit vielen Bildern zum Wegträumen und legendären Wander- und Radwegen, Zugfahrten mit Kultstatus und Straßen mit Aussicht.

 

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Mit der Farbe Rot oder gar mit Haaren hat ›Rothaar‹ im Namen des Gebirges nichts zu tun. Vielmehr bedeutet er ›Gerodetes Wald-Gebirge‹, was angesichts der großen Waldgebiete allerdings in die Irre führt. Der Rothaarsteig verbindet als Höhenweg des Rothaargebirges die Panoramaberge und landschaftlich schönsten Bergheiden Nordrhein-Westfalens im ›Land der 1000 Berge‹ sowie die Quellen von Möhne, Ruhr, Netphen, Sieg, Lahn, Eder und Dill. Von Brilon, dem Luft- und Kneippkurort im östlichen Sauerland, führt er über den Kahlen Asten und durch die Wälder des Rothaarkamms in die Oranierstadt Dillenburg im hessischen Dilltal.

Start in Brilon

Ziel in Dillenburg

Im Jahr 2001 wurde der Rothaarsteig als erster moderner Wanderweg dieser Länge in Deutschland eröffnet. Der Wanderweg rückte unter dem Slogan ›Weg der Sinne‹ Naturnähe in den Vordergrund. Erlebnisstationen machen Naturschutz, Forstwirtschaft und Tourismus erfahrbar, darunter Kunst-Erlebnisstationen wie der Waldskulpturenweg mit monumentalen Plastiken mitten im Wald. Als Erlebnisstationen wurden dort selbst die Sitzmöbel gestaltet: Sie haben die Form eines liegenden geschwungenen Rothaarsteig-› R‹ und sind so bequem, dass so mancher Wanderer darauf friedlich, begleitet vom Rauschen des Waldes, eingeschlafen ist. Innerhalb kürzester Zeit avancierte der Rothaarsteig im Übrigen zum beliebtesten Fernwanderweg Deutschlands.

Für Familien mit Kindern ist der Einstieg über den Parkplatz am Weiler Kühhude ideal (erreichbar von Bad Berleburg). Auf dem dort beginnenden Erlebnispfad verdeutlichen Schaukästen, was in den verschiedenen Schichten des Waldbodens lebt. Den Höhepunkt bildet die 40 m lange, schwingende Hängebrücke über einen Taleinschnitt, auf der man sich vorkommt wie in einem südamerikanischen Urwald © Dr. Norbert Lange / Shutterstock

Der Rothaarsteig beginnt in Brilon. Der hervorragende Blick auf das Tal der jungen Ruhr vom archäologischen Gelände Borbergs Kirchhof, dem ›Friedensberg‹ des Sauerlands, sowie die wechselnden Ausblicke auf die Bruchhauser Steine, deren natürlicher Festungscharakter sich am eindrucksvollsten aus der Perspektive im Hang des Ginsterkopfs zeigt, zählen zu den Höhepunkten der ersten Etappe. Wer trittsicher ist, wählt bei klarer Sicht die steile ›Klettervariante‹ über den Ginsterkopfkamm; sie besticht durch die Urtümlichkeit des Kammpfads ebenso wie durch einmalige Ausblicke.

Vom Dorf Bruchhausen schwingt sich der Rothaarsteig in die höchste Gebirgsregion Westfalens hoch: Der Langenberg (843 m) auf der westfälischhessischen Grenze ist die höchste Erhebung Nordrhein-Westfalens und des Sauerlandes. Er überragt den Hegekopf (843 m) auf der hessischen Seite des Rothaargebirges um 18 cm. Eine improvisierte ›Gipfelpyramide‹ markiert diesen höchsten Punkt am Rothaarsteig. Weiter geht es zum Neuen Hagen, der größten Bergheide Westdeutschlands. Das 74 ha große Naturschutzgebiet liegt auf rund 800 m Höhe weitab von Siedlungen auf einem Südausläufer des Langenbergmassivs. Der größte Heidekomplex Nordrhein-Westfalens ist ein Biotopverbund aus flachwelligen Heideflächen, Hangquellmooren, Kleinseggenriedern, Quellen und Borstgrasrasen. Die Vegetation besteht überwiegend aus Bergheidepflanzen, Krüppelkiefern, Birken, Ebereschen und Zitterpappeln, im Osten wachsen niedrige Buchen mit halbkugel- bis kegelförmiger Krone.

Markierungen mit dem liegenden R stellen sicher, dass der Wanderer nicht vom Weg abkommt © Tobias Arhelger / Shutterstock

Der Kahle Asten (842 m) ist der Panorama-, Ausflugs- und Wintersportberg des Sauerlandes. Vom Astenturm, der als Aussichtsturm, Restaurant und höchstgelegene Wetterstation Nordrhein- Westfalens fungiert, und dem Berghotel »Kahler Asten« am Rothaarsteig strahlen Wanderwege in alle Himmelsrichtungen aus. Der Rothaarsteig führt durch die Bergheide auf dem Gipfelplateau mit Panoramablick über das Hochsauerland. Am Rand dieser Heide entspringt die Lenne, ein Nebenfluss der Ruhr und die Hauptwasserader des Hochsauerlandes. Der Lenne verdankt der Astenberg seinen Namen: ›a-sten‹ bedeutet ›Wasser-Stein‹. Ab dem Mittelalter trieben die Bergbauern ihre Kühe, Ziegen und Schafe auf den damals mit Rotbuchen bewachsenen Astenberg. Der Verbiss der jungen Bäume durch das Vieh stoppte die natürliche Waldverjüngung, der Asten wurde ›kahl‹. Seit 1965 steht die Astenheide unter Naturschutz – ein Pflanzen- und Aussichtsparadies vom Feinsten. Auch heute noch wird die Hochheide mindestens einmal jährlich von einer Heidschnuckenherde beweidet: Die Schafe verbeißen angeflogene Bäume und halten die Heide offen.

Der Rothaarkamm gibt die weitere Route des Rothaarsteigs vor. Der fast durchgehend bewaldete und weitgehend siedlungsfreie, beidseits steil abfallende Kamm gipfelt im 756 m hohen Härdler und bildet seit Beginn der geschichtlichen Überlieferung eine wichtige Grenze: Dialekt, Architektur der Bauernhöfe, Kreisgrenzen, historische Schnadesteine (Grenzsteine) und Reste von Demarkationslinien wie das Kölsche Heck, katholische Gotteshäuser nördlich und evangelische südlich des Kamms zeugen bis heute davon.

Im Schatten von Bäumen, inmitten ursprünglicher Natur, wandert man auf dem Rothaarsteig, dem ›Weg der Sinne‹, durch eine der schönsten Waldgebirgslandschaften Deutschlands © Alfotokunst / Shutterstock

Ein Guter Einstiegspunkt zum Rothaarsteig für Familien ist der Weiler Kühhude auf dem Rothaarkamm: Nur wenige Gehminuten entfernt befindet sich die Hängebrücke, die berühmteste Erlebnisstation des Rothaarsteigs. Am Westerberg beim Rhein-Weser-Turm schwingt der Rothaarkamm nach Süden; dort markiert der Dreiherrenstein ein Dreiländereck, an dem die Territorien der Herren von Kurköln, Nassau-Siegen und Wittgenstein aneinanderstießen. Der Rhein-Weser-Turm bietet einen Panoramablick über die Südsauerland- und Siegerlandberge. Weiter geht es zur Ginsburg, zur Lahnquelle und hinter Wilgersdorf dann entweder direkt oder auf der westlichen Variante über die Fuchkaute (656 m) nach Dillenburg.

Entdecke Deutschland – Die schönsten Ausflüge ins Grüne, DuMont Bildatlas

Titelbild: Die Bruchhauser Steine am sind das bedeutendste Felsensemble und die gewaltigste vorgeschichtliche Festungsanlage im Rothaargebirge. Wie die Türme einer gigantischen Burg ragen die vier höchsten dieser bis zu 92 m über einem Tal aufragenden Felsen aus Vulkangestein aus den Wäldern des Istenbergs. Zu Füßen der Felsen fand man Reste einer Fluchtburg aus der mittleren Eisenzeit (6. bis 3. Jh. v. Chr.) © Tobias Arhelger / Shutterstock

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