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Dresden und die Elbe, das ist eine glückliche Verbindung. Die Touristen strömen in das Elbtal, in dem Dresdens Altstadt anmutig mit breiten Auen und grünen Hängen korrespondiert. Die Stadt ist schließlich eine Verheißung – für höchste Kunstgenüsse und prächtige Architektur.

Leseprobe aus dem DuMont Bildatlas Dresden

Dieser Artikel stammt aus dem DuMont Bildatlas Dresden aus dem DuMont Reiseverlag. Dort findet ihr auf 120 Seiten zahlreiche Aktiv-Tipps und von der Autorin getestete Empfehlungen für jeden Geschmack: eine ungewöhnliche Stadtralley, eine Skating-Tour durch die nächtliche Stadt, einen Spaziergang auf dem Malerweg oder eine Radwanderung im Elbland.

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In der Gläsernen Manufaktur erlebt man die Zukunft der Mobilität hautnah, die Mikroelektronik-Industrie hat ihr Herz für Dresden längst entdeckt und wer will, kann die berühmte Gemäldegalerie Alte Meister auch virtuell besuchen. Und dennoch: „Modern“ ist nicht das Attribut, das einem als Erstes zu Dresden einfällt. Frauenkirche und Zwinger, der historisierend umbaute Neumarkt und natürlich die unermesslichen Kunstschätze aus barocker Zeit sind die Anziehungspunkte der Stadt.

Im Kern ist Dresdens Altstadt noch nicht einmal einen Quadratkilometer groß. Mehr Platz benötigten die Stadtgründer nicht, von denen man annimmt, dass es Kaufleute waren, die im 12. Jahrhundert an der Elbe im Schnittpunkt der von Westen nach Osten verlaufenden Fernhandelsstraßen siedelten.

Eine Burg wurde erst im folgenden Jahrhundert gebaut und unter der Herrschaft der Wettiner beständig zum Residenzschloss vergrößert. Um dieses in unseren Tagen aufwendig rekonstruierte Schloss gruppieren sich all jene Prachtbauten, die Dresdens Altstadtsilhouette entlang der Elbe so berühmt gemacht haben.

Doch nicht nur das Barockzeitalter hat das Erscheinungsbild der Stadt geprägt. Gleich zweimal baute Gottfried Semper im 19. Jahrhundert sein Opernhaus am Theaterplatz – das erste war 1869 einem Brand zum Opfer gefallen.

Mythos Dresden

Und auch das zweite lag in Schutt und Asche am Ende jenes fatalen Bombardements britischer und amerikanischer Kampfverbände, die Dresden in vier aufeinander folgenden Angriffswellen zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 heimsuchten. Die Frauenkirche mit den umliegenden barocken Bürgerhäusern am Neumarkt, der Zwinger, der Altmarkt, die Flanier- und Einkaufsmeile Prager Straße – alles war zerstört.

Die Trauer um das Vergangene mündete in eine Erinnerungskultur, die vorrangig die Sonnenseiten der Stadt sehen wollte, die großen Künstler, die hier die Basis für ihren Ruhm legten: Wagner und Strauss, die an der Semperoper ihre Werke zur Uraufführung brachten; Canaletto, der Dresdens Stadtansichten verewigte; und überhaupt all die Meister, die mit ihren Werken die Kunstsammlungen der Wettiner-Kurfürsten bereicherten.

Aber hatte nicht auch Dresden die erste Ausstellung „entarteter Kunst“ gezeigt? Waren hier nicht die von Gottfried Semper erbaute Synagoge am 9. November 1938 niedergebrannt, der Maler Otto Dix von der Kunstakademie und Fritz Busch vom Dirigentenpult der Staatskapelle verjagt worden? Der Mythos von der „unschuldigen Stadt“, die sinnlos zerstört wurde, als der Krieg schon fast zu Ende war, verblasst zusehends.

Ikone des Wiederaufbaus

Dies ist letztlich auch ein Ergebnis der zahllosen Diskussionen über den Wiederaufbau der Stadt. Gleich nach dem Krieg machte man sich daran, den Zwinger in seine ursprüngliche Form zu bringen. Die Semperoper entstand in den 1980er-Jahren neu. Doch für das Residenzschloss fehlte nicht nur das Geld, sondern in der sozialistischen DDR wohl auch der Wille. Das galt erst recht für die Frauenkirche, die als Ruine besser zum Mahnmal für den Frieden zu taugen schien. Dabei hätte es nach Ansicht vieler auch bleiben können, nachdem die DDR sich aufgelöst hatte.

Doch die Sehnsucht nach dem alten Stadtbild war stärker. Unter Führung des Trompeters Ludwig Güttler warben engagierte Bürger 1990 mit ihrem „Ruf aus Dresden“ um Spenden für den Wiederaufbau. Daraus entwickelte sich eine beispiellose Kampagne, die aus aller Welt mehr als 100 Millionen Euro zusammenbrachte. Die restlichen 70 Millionen Euro kamen aus öffentlicher Hand.

Als am Reformationstag 2005 die neue Frauenkirche feierlich geweiht wurde, zweifelte niemand mehr daran, dass sie fortan als Zeichen für Versöhnung ihre Daseinsberechtigung hat. Zumal das Kuppelkreuz von Spendern aus Großbritannien gestiftet und von Alan Smith geschaffen wurde, dem Sohn eines britischen Piloten, der am Bombardement Dresdens beteiligt war.

Dresdens Mitte

Die Frauenkirche markiert seit jeher den Mittelpunkt der Altstadt. Schnell war deshalb die kriegsbedingte Brache in ihrem Umfeld den Dresdnern ein Dorn im Auge. Der einstmals so pulsierende Neumarkt mit seinen barocken Bürgerhäusern und dem prächtigen Coselpalais fehlte ihnen.

Nun ist er wieder da – als Mix aus barocken und modernen Fassaden. Schmuck genug, um von den einen als barockes „Disneyland“, von anderen als unentschlossen geschmäht und von lachenden Dritten als zentraler Begegnungsort genutzt zu werden, mit Einkaufszentrum und Straßencafés zum Bummeln, Schauen und Verweilen.

Sehen und gesehen werden

Vom Neumarkt sind es wenige Schritte Richtung Elbe zum „Balkon Europas“, der Brühlschen Terrasse. Den Elbwall mit den alten Befestigungsanlagen hatte Friedrich August II. seinem Vertrauten, dem Grafen Heinrich von Brühl, geschenkt. Dieser ließ dort eine adelige Flaniermeile errichten, durch kunstvoll angelegte Gärten und vorbei an heiteren barocken Palais.

Flaniert wird hier heute immer noch gern, mit Blick auf die Elbe mit den historischen Raddampfern der Weißen Flotte. An die Architektur des 18. Jahrhunderts erinnert jedoch einzig die Sekundogenitur, ein Gebäude, das wohl vom jeweils Zweitgeborenen des Hauses Wettin genutzt wurde. Die Kunstakademie, deren Kuppel im Volksmund liebevoll Zitronenpresse genannt wird, und das Albertinum sind indes Bauwerke des 19. Jahrhunderts.

Die Sempersche Synagoge wurde in der „Reichskristallnacht“ niedergebrannt. Die Neue Synagoge konnte erst 63 Jahre später geweiht werden. © picture alliance / DUMONT Bildarchiv | Ernst Wrba

Nach Osten hin endet die Terrasse vor der spektakulären Neuen Synagoge. Ihre beiden Würfelbauten sind nur scheinbar aus Sandstein, tatsächlich handelt es sich um gefärbten Beton. Das schmale Grundstück am Hasenberg bot nicht genügend Platz für die vom jüdischen Glauben geforderte Ostausrichtung des Gebetssaals. So schufen die Saarbrücker Architekten Wandel, Hoefe, Lorch und Hirsch einen fensterlosen Quader in versetzten Schichten, die sich buchstäblich in die Höhe schrauben und an der Traufkante genau nach Osten weisen.

Italienische Einflüsse

Eine große Freitreppe führt von der Brühlschen Terrasse auf den Schlossplatz mit der ehemaligen Katholischen Hofkirche. August der Starke war 1697 zum Katholizismus konvertiert, um die polnische Königskrone erlangen zu können. Seinem protestantischen Volk wollte er den Glaubenswechsel nicht verordnen, weshalb er die katholischen Gottesdienste im Hoftheater feiern ließ. Der italienische Baumeister Gaetano Chiaveri kam erst unter Friedrich August II. zum Zuge. Er entwarf Sachsens größte katholische Kirche mit 86 Meter hohem Turm und einer auffälligen Balustrade, für die der Bildhauer Lorenzo Matielli 59 überlebensgroße Heiligenfiguren beisteuerte.

Walzer unterm Denkmal

An König Johanns Reiterstandbild auf dem Theaterplatz geben Straßenmusiker gern ihr Bestes – welch ein Kontrast, wenn man gerade die Staatskapelle in der Semperoper gehört hat. Schöner ist es aber auf dem Theaterplatz, wenn zu Jahresbeginn dort die große Leinwand den festlichen Opernball zeigt. Während die zahlungskräftigen Gäste in der Semperoper feiern, tanzen die Dresdner zu den Walzerklängen der Staatskapelle auf dem Platz. So sieht eben Festkultur in Dresden aus.

Zweckmäßig für den Bummel

Einst war sie die eleganteste Einkaufsmeile Dresdens, heute wird die Prager Straße von moderner Architektur wie dem Ufa-Kristallpalast, einem Kinobau, geprägt. © picture alliance / DUMONT Bildarchiv | Ernst Wrba

Ausgerechnet am Altmarkt mit der ehrwürdigen Kreuzkirche beginnt Dresden, sich modern zu zeigen. Über die Lichtmasten und Hotelneubauten am Markt haben sich die Dresdner ebenso echauffiert wie über die Gestaltung der Straßenbahnhaltestellen am Postplatz und die Kaufhäuser entlang der Fußgängerzone Prager Straße. Natürlich ist nichts davon so schön wie vor dem Krieg. Doch etliches besser als zu DDR-Zeiten. Die Plattenbauten wurden bunt zurechtgemacht, die Einkaufsmeile mit langgestreckten Wasserbecken und Springbrunnen aufgehübscht, und mit der Centrum-Galerie wurde ein zweiter Einkaufstempel geschaffen, der die lange Zeit vorherrschenden Discounter und Billigboutiquen überstrahlt. Und in der erweiterten Altmarkt-Galerie finden zudem auch ausgeprägte Fashion-Victims Gelegenheit, ihr Geld für international führende Modelabels auszugeben.

INFOS & EMPFEHLUNGEN am Theaterplatz

Architektur aus dreieinhalb Jahrhunderten gruppiert sich um den Theaterplatz. In der Mitte erinnert das Reiterstandbild König Johanns (Johannes Schilling, 1883) an den schöngeistigen Staatsmann, der unter dem Pseudonym Philaletes Dantes „Göttliche Komödie“ ins Deutsche übersetzte.

An der Nordwestseite des Platzes besticht der bogenförmige Neorenaissance-Arkadenbau der Semperoper durch Eleganz. Die beiden Sitzfiguren am Eingang – Schiller und Goethe – stammen noch von Gottfried Sempers erstem Hoftheaterbau, der 1869 einem Stadtbrand zum Opfer gefallen war. Die prächtige Innenausstattung und die musikalische Spitzenqualität der Sächsischen Staatskapelle sorgen für eine gute Auslastung des Opernbetriebs.

Mit dem Zwinger (1709–1732) hat der Architekt Matthäus Daniel Pöppelmann (1662–1736) eines der bekanntesten Bauwerke des Barock geschaffen. Balthasar Permoser (1651–1732) sorgte für die steinerne „Bebilderung“ des Ensembles. Vom Theaterplatz gelangt man durch die Sempergalerie (1847–1855) in den Innenhof mit Festplatz.

Früher gab es nur einen prominenten Übernachtungsgast im Taschenbergpalais gegenüber: August den Starken. Bis 1708 im Rokokostil errichtet, diente es als Refugium für den König und seine Mätresse, die Gräfin Constantia von Cosel. Das im Krieg zerstörte Gebäude empfängt mit originalgetreuer Fassade und rekonstruierter barocker Treppenanlage seit 1995 als Luxushotel prominente und betuchte Gäste. Im Winter kann man im Innenhof Schlittschuh laufen.

Das im Krieg zerstörte Schloss wird seit 1986 rekonstruiert – die Arbeiten sollen 2024 abgeschlossen sein. Der Große Schlosshof (1468–1480) im Renaissancestil wurde mit aufwendigen Sgrafitto-Malereien ausgeschmückt. Der Hausmannsturm mit barocker Haube ist dank seiner Aussichtsplattform ein guter Ort, um sich einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Im Inneren wächst Dresdens Museumszentrum.

Zentral in Dresdens Altstadtsilhouette ist die spätbarocke Kathedrale Sanctissimae Trinitatis mit filigranem, 85,5 m hohem Turm und 78 Heiligenfiguren auf umlaufenden Balustraden. Als Hofkirche von Gaetano Chiaveri 1739–1755 erbaut, beeindruckt sie im Inneren mit dem großen Altargemälde von Anton Raphael Mengs, der Rokoko-Kanzel von Balthasar Permoser (1722) und der großen Silbermann-Orgel (Orgelvorspiele Sa. 16.00, Mi. 20.00 Uhr; Hl. Messe mit Dresdner Kapellknaben So. 10.30 Uhr). In der Grablege der Wettiner liegt das Herz Augusts des Starken (wegen Bauarbeiten derzeit keine Führungen).

Eine Brücke aus Holz gab es bereits im 12. Jh. am Standort der heutigen Augustusbrücke. Die erste steinerne Brücke wurde 1907 abgerissen. Drei Jahre später wurde die neue Brücke aus Sandstein fertiggestellt.

Gegenüber der Hofkirche errichtete Hans Erlwein 1912/1913 ein klassizistisches Gebäude, das Italienische Dörfchen (heute Café und Restaurant).

Das Landtagsgebäude an der Elbe wurde 1928–1931 im Stil der Neuen Sachlichkeit als Finanzministerium errichtet; später war es Sitz der SED-Bezirksleitung. Der moderne Anbau mit gläsernem Plenarsaal (1994) war der erste Parlamentsneubau in den ostdeutschen Bundesländern (Architekt Peter Kulka).

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Titelbild: Von der Augustusbrücke schweift der Blick hinüber zur Brühlschen Terrasse mit Ständehaus, Sekundogenitur, Frauenkirche, Kunstakademie und Albertinum. © picture alliance / DUMONT Bildarchiv | Ernst Wrba

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