Was Wolfgang Schewe anpackt, floriert. Der Rüganer verließ die DDR aus politischen Gründen und war als Ingenieur erfolgreich. 1990 kam er zurück auf die Insel – als Großhändler für Speise-Eis. Doch seine wahre Erfüllung fand er als Hotelier in Binz. Zur großen Freude der Gäste

Auf der einen Seite der Strand und das Meer und der weit gespannte Himmel über der Ostsee, auf der anderen einige der schönsten historischen Villen ganz Rügens: Um so einen Arbeitsweg könnte man ihn schon beneiden, den Wolfgang Schewe. Während andere morgens im Stau stecken oder sprinten müssen, um den U-Bahn-Anschluss nicht zu verpassen, kann er ins Büro – flanieren? Ist das der richtige Begriff? Ach wo, meint er, er würde eher sagen, er gehe zur Arbeit. Auf einer Insel sei ja alles eine Nummer kleiner, da komme das schon mal vor, er sei da bestimmt nicht der einzige. „Ich habe nur eben das Glück, dass ich von zu Hause zum Hotel über die Binzer Strandpromenade laufen kann.“ Er überlegt einen kurzen Moment, als wolle er jetzt nicht falsch verstanden werden: „Ich könnte sogar zur Arbeit surfen. Eigentlich.“

Wolfgang Schewe: Rüganer, Hotelier, Macher

Einer dieser Menschen, die zupacken, wenn sie eine Gelegenheit sehen. Eigentlich ist Schewe Diplom-Ingenieur für Haustechnik. Die DDR hatte er aus politischen Gründen verlassen, 1990 kam er nach Rügen zurück und versorgte die Insel als Großhändler mit Speise-Eis. Sein Sahara war ein legendärer Inseltreff, ein Eiscafé mit angeschlossenem Jazzclub oder ein Jazzclub mit angeschlossenem Eiscafé, ein Kultort jedenfalls und eine Institution für Eisfreunde und Musikliebhaber. Als er dann Mitte der Neunziger Jahre die Möglichkeit hatte, auf dem Sahara-Grundstück das Hotel am Meer zu bauen, ergriff Schewe die Chance – auch wenn das natürlich ein Wagnis war. Er habe öfter schlecht geschlafen damals, erinnert er sich, das sei ja alles neu für ihn gewesen, und ein Hotel mit 60 Zimmern ein gewaltiges Projekt. „Tief in mir drin habe ich aber immer gewusst, dass ich das schaffe. Und als ich dann gesehen habe, wie wohl die ersten Gäste sich gefühlt haben – da habe ich eine tiefe Zufriedenheit empfunden.“

Etwas zu schaffen, an dem sich andere erfreuen: Wahrscheinlich ist das Teil seine Erfolges. Und möglicherweise steckt Wolfgang Schewe das ja auch in den Genen. Seine Eltern betrieben in Gingst eine Bäckerei; zusammen mit seinem Bruder half er in den Sommerferien im Laden aus. Vieles, was ihn heute ausmache, habe er damals mitbekommen, sagt er: die Akribie, den Fleiß, die Liebe zum Detail und für die Qualität eines Produkts. Dass die Dinge mit Hingabe gemacht werden müssen, um perfekt zu sein – das auch. „Am meisten beeindruckt hat mich aber, wenn ich sah, wie glücklich meine Eltern nach Feierabend waren. Wenn sie gemerkt haben: Das, was wir in unserer kleinen Bäckerei machen, das mögen die Leute. Wahrscheinlich habe ich schon als Kind gewusst, dass ich das später als Erwachsener auch gerne so empfinden würde.“ 

Wo Binz am majestätischsten ist

Schewes Hotel am Meer wurde ein großer Erfolg, und natürlich hätte er es dabei belassen können. Hat er aber nicht. 2018 kaufte er eine denkmalgeschützte Jugendstilvilla mit modernem Anbau an der Strandpromenade, renovierte aufwändig  – und eröffnete die Nixe als Boutique-Hotel mit Spa und Restaurant. Das wäre nochmal was, habe er damals gedacht, nochmals ein neues Projekt, nochmals eine Herausforderung – dieses Mal aber mit all der Erfahrung, die er als Hotelier mittlerweile besaß. „Und trotzdem war es wieder eine Art Pionierzeit“, meint er. Die Nixe mit ihren acht wunderschön luftig eingerichteten Zimmern (acht weitere gibt es im Anbau) steht dort, wo Binz am majestätischsten ist. Wo die weißen Villen im Stil der Bäderarchitektur sich aneinanderreihen wie die Perlen an einem Diadem. Wo man an sonnigen Tagen manchmal die Augen zusammenkneifen muss, so gleißt und strahlt alles.

Wolfgang Schewe mag die Strandpromenade – den Fischerstrand ein Stück weiter draußen aber liebt er. Und den Buchenwald, der dort beginnt und sich die Küste hinaufzieht, „da ist es so still, da kann man die Bäume knarren und knarzen hören.“ Überhaupt schätzt er die stillen Seiten von Binz. Den Bodden. Und den Schmachter See, vor allem am Nachmittag, „der hat noch ganz spät Sonne.“  Sein absoluter Lieblingsplatz aber ist die Blue Moon Lounge, oben in der Glaskuppel auf dem Hotel am Meer, ein Platz für den Blick nach draußen und den nach innen. Er ist jetzt 67, Tochter Johanna ist längst integriert ins Geschäft. Aber aufhören? Er sieht den Möwen zu, die über der See Fangen spielen, steht da und schaut hinaus auf den Strand und das Meer, und irgendwie auch auf die ganze, weite Welt. Dann dreht er sich um und macht sich auf den Heimweg. Er kann zu Fuß gehen, ist ja nicht weit.

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