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Wer sich in einen der Züge der Thüringer Bergbahn setzt, schaltet automatisch einen Gang runter: Herrliche Landschaften, spektakuläre Aussichten und tolle Erlebnisse für die ganze Familie säumen die Strecken. Und sogar der Gründer des ersten Kindergartens, Friedrich Fröbel, stammt ebenfalls aus dieser wildromantischen Gegend, in der die Uhren noch ein wenig langsamer ticken. Also: Alle einsteigen, bitte!

Und wie könnte man besser in der Entschleunigung inmitten des Naturparks Thüringer Wald ankommen als mit dem Zug?

Schon bei der Anreise nach Rottenbach (über Erfurt oder Saalfeld mit dem ICE/IC) bekommt ihr einen Vorgeschmack auf die Naturschönheiten der Region am Nordrand des Thüringer Schiefergebirges. Als malerisches, von Nadel- und Laubwäldern gesäumtes Flusstal mit seiner gesunden Mittelgebirgsluft sowie der besonderen „Sommerfrische-Architektur“ galt das Schwarzatal schon Mitte des 19. Jahrhunderts als Hideaway für erholungssuchende Städter, die hier bereits damals bei Wanderungen und „sommerfrischen“ Vergnügungen den einzigartigen Reiz der märchenhaften Landschaft genossen.

Eine wunderbare Art, diesen naturschönen Winkel des Thüringer Waldes zu entdecken, ist die Fahrt mit der Thüringer Bergbahn. Das Streckennetz setzt sich aus drei Routen zusammen:

Da ist zuerst einmal die 25 Kilometer lange, im Jahr 1900 erbaute Strecke vom herausgeputzten Fachwerkort Rottenbach nach Katzhütte – entlang des goldreichsten Flusses Deutschlands, der Schwarza, die  sich durch malerisch-enge Schluchten schlängelt und dabei unter anderem die Anhöhe von Schloss Schwarzburg umfließt. Dort hat übrigens der damalige Reichspräsident Friedrich Ebert 1919 während eines Sommerurlaubs die Weimarer Reichsverfassung unterzeichnet und damit den Grundstein der deutschen Demokratie gelegt. Dies und mehr erfahrt ihr im Waggon „Fürstenkutsche“, in dem Prinzessin Henriette und Prinz Ludwig Friedrich in großformatigen Bildern mit euch auf eine spannende 300-jährige Zeitreise gehen.

Die Schwarza umfließt auch die Anhöhe, auf der das Schloss Schwarzburg und das Fürstliche Zeughaus stehen © Regionalverbund Thüringer Wald e.V. / Dominik Ketz

Gipfelstürmen leicht gemacht

In der Mitte der Schwarzatalbahnstrecke liegt die Haltestelle Obstfelderschmiede, Talstation der Thüringer Bergbahn. Von hier aus startet eine 1,4 Kilometer lange Etappe steil bergan, die  zwischen 1919 und 1923 gebaut wurde, um die schweren Erzeugnisse für die Glas- und Porzellanindustrie – bis dahin mühselig von den Arbeitern nach oben geschleppt – zu den Orten der Hochebene zu transportieren. Statt Güter werden heute Gäste nach Lichtenhain befördert. Ein besonderes Erlebnis und großes Vergnügen, nicht zuletzt wegen einer Steigung von 25 Prozent. Im Sommer kommt auf der Güterbühne ein Cabrio-Wagen zum Einsatz; dann könnt ihr „oben ohne“ die knapp 20-minütige Fahrt in frischer Waldluft mit Vogelgezwitscher genießen.

Natur zum Anfassen: Im „Fröbelwald“ lernen Klein und Groß jede Menge über Flora und Fauna © RVTW, Steven Neukirch

Oben angekommen, erwartet euch ein spektakulärer Ausblick auf das Schwarzatal. Doch bevor es auf der sogenannten „Flachstrecke“ in Richtung Cursdorf weitergeht, heißt es Natur entdecken im Fröbelwald, wo auch die Großen wieder Kind sein dürfen. Denn der Walderlebnispfad mit Abenteuerspielplatz ist nach dem Pädagogen Friedrich Fröbel benannt, der 1840 in Bad Blankenburg den ersten deutschen Kindergarten gründete.

Tipp: Technikbegeisterte kommen im Maschinarium an der Bergstation voll auf ihre Kosten. Hier sind die Besonderheiten der Bergbahn an verschiedenen Stationen interaktiv erlebbar.

Kräutererlebnis auf Schienen: Das Schwarzatal ist ein Hotspot für Heilpflanzen © RVTW, Dominik Ketz

Ab Lichtenhain führt dann der letzte Abschnitt mit historischen Triebwagen entlang einer zweieinhalb Kilometer langen Flachstrecke nach Cursdorf. Highlight ist die Fahrt mit dem Olitätenwagen. Bereits Anfang des 17. Jahrhunderts stellte man hier in Waldlaboratorien und Familienbetrieben Naturheilmittel, die sogenannten „Olitäten“ her. Aufgrund der besonderen geologischen und topografischen Bedingungen gibt es in dem Gebiet einen großen Reichtum an Kräutern. „Buckelapotheker“ machten sich jedes Frühjahr von hier aus auf den Weg in die weite Welt – mit Holzrucksäcken voller Tees, Tinkturen oder Salben, hergestellt aus den gesammelten Werken der Kräuterfrauen. „Kräutererlebnis auf Schienen“ heißt das Programm im Olitätenwagen, der von Mai bis Oktober im Einsatz ist. An Bord: Duftkasten, Kräutermemory und Erläuterungen zu den einheimischen Pflanzen zum Tüfteln und Testen. Außerdem stehen Ferngläser bereit, um unterwegs aus dem Waggon heraus Flora und Fauna zu bewundern.

Tipp: Auf den Spuren des Pädagogen in dessen Geburtsort Oberweißbach einen Stopp einlegen. Hier lohnt der Besuch des Fröbelhauses und  der Kräuterlehrpfad mit digitaler Kräuterspur.

Was kreucht und fleucht denn da? Das Fernglas ist eine prima Begleitung im Wald © RVTW, Barbara Neumann

Endstation der Tal- und Bergfahrt ist Cursdorf, die mit 700 Metern höchstgelegene Gemeinde der Bergbahnregion. Mit seinen weitläufigen Forstgebieten ist der staatlich anerkannte Erholungsort wie gemacht zum Wandern, zumal hier auch der Panoramaweg Schwarzatal vorbeiführt.

Titelbild: Berg- und Talfahrt durchs Schwarzatal, im Sommer ganz entspannt im Cabriowagen © RVTW, Steven Neukirch

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