Wer Göttingen in seiner Vielfalt erleben will, belegt am besten einen Crashkurs in (Kneipen)Kultur, Architektur, Kulinarik & Co. Ein Wochenende in Niedersachsens ältester Universitätsstadt, bei dem es nur einen Abschluss gibt: summa cum laude!

Fast alle kennen Göttingen – zumindest von der Durchreise. Die niedersächsische Großstadt, immerhin 134.000 Einwohner, liegt mittenmang in Deutschland, das heißt, hier halten die meisten ICEs. Doch statt weiterzufahren, heißt es für euch dieses Mal: Raus aus dem Zug und rein ins pralle (Studenten)Leben!

So kommt ihr mit der Bahn nach Göttingen: Anreise planen.

Samstagmorgen: Frühstücken wie ein Kaiser

Versprochen, auch ältere Semester werden sich an der quirligen Atmosphäre mit den vielen Fahrradfahrern erfreuen, zumal es hier viel Sinn gibt für Tradition. Bestes Beispiel: Im Kaffeehaus „Cron & Lanz“, gegründet 1876, könnt ihr frühstücken wie ein Kaiser – mit frisch aufgebrühtem Kaffee, knusprigen Brötchen, hausgemachter Marmelade und allem Pipapo, opulent serviert auf der Etagere. Die perfekte Adresse für den genussvollen Start ins Wochenende. Die Spezialität des Hauses ist der Baumkuchen in allen Varianten, auch als reisetaugliches „Stämmchen“ (für die Daheimgebliebenen).

Von der preisgekrönten Konditorei sind es nur wenige Schritte zur Tourist-Information am Alten Rathaus, wo euch MitarbeiterInnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wer will, lässt sich ein attraktives Pauschalangebot zusammenstellen, inklusive Hotel und spannenden Themenführungen, auch am Wochenende buchbar. Oder doch lieber auf eigene Faust die Stadt erkunden? Kein Problem mit der Göttingen App oder der Broschüre „Göttingen Rundgang“. Das Gute: Die meisten Highlights lassen sich leicht zu Fuß erreichen, quasi Göttingen to go.

Samstagvormittag: Bussi für das Gänseliesel

Ob in der Gruppe oder individuell – erste Anlaufstation ist der Marktbrunnen am Platz vor dem Alten Rathaus, wo das Wahrzeichen der Stadt steht: das Gänseliesel. Laut altem Brauch pilgern Doktoranden nach erfolgreicher Prüfung zu dieser Bronzestatue, überreichen ihr Blumen inklusive Bussi. Da etwa jeder vierte in der Stadt studiert, ist es wohl das weltweit meistgeküsste Mädel – und längst ein Selfie-Star.

An der Ecke des Platzes weist eine Metallplatte im Boden auf den Vier-Kirchen-Blick hin: St. Albani im Osten, St. Michael im Süden, St. Jacobi im Norden (mit 72 Metern das stadthöchste Gotteshaus) sowie St. Johannis im Westen. Letztere ist jeden Samstag punkt elf Uhr Schauplatz eines kleinen Konzertes. Dann lassen die „Göttinger Stadtpfeifer“ vom 60 Meter hohen Nordturm ihre Blasinstrumente ertönen. Passende Begleitmusik für den Bummel entlang stattlicher Bürgerhäuser und hübscher Fachwerkfassaden, die das Zentrum prägen – und einen Eindruck vermitteln, wie „Gutingi“, 953 erstmals urkundlich als Dorf am Fluss Leine erwähnt, einmal aussah.

Samstagmittag: Wochenmarkt und Paulinerkirche

Wenn ihr das Haus in der Lange Geismarstraße 44 passiert, hört ihr mit etwas Glück die Glocken unter den alten Balken läuten – mal als Volkslied, mal Cat Stevens „Morning has broken“ oder was ganz anderes. Dazu mischen sich die Stimmen vom nahen Wochenmarkt. Zeit für einen Mittagssnack, entweder direkt vom Stand oder in einem der umliegenden Straßencafés. Treffpunkt für Studis und Profs gleichermaßen – wenn sie nicht gerade in der Staats- und Universitätsbibliothek sind, unserem nächsten Ziel auf den Spuren der 1000-jährigen Stadtgeschichte.

Das Besondere: Die Bibliothek befindet sich in einem Gotteshaus von 1331. Einen guten Eindruck von dem nach historischem Vorbild gestalteten Bibliothekssaal der Paulinerkirche bekommt ihr im Video. „Von Büchern bis Graffiti“ ist einer der fünf originellen Image-Filme von Kulturschaffenden. Sehenswert vor der Kirche ist die Skulptur „Butt im Griff“ von Günter Grass. Was viele nicht wissen: Der Literatur-Nobelpreisträger war gelernter Steinmetz und studierter Kunstabsolvent.

„Von Büchern bis Graffiti“ ist einer von fünf Kurzfilmen

Samstagnachmittag: Shoppen, Schlemmen, Chillen

Aber genug der Bildung, zumindest für heute, jetzt steht Shopping auf dem Programm. Neben der Haupteinkaufsmeile Weender Straße in der Fußgängerzone punktet Göttingen mit vielen kleinen inhabergeführten Geschäften. Und in den schnuckeligen Seitengassen findet ihr originelle Mitbringsel. Zwischendurch gibt es etliche Möglichkeiten für einen stärkenden Zwischenstopp. Der Kult-Imbiss „Bratwurst Glöckle“ bereitet das „Drei-Gänge-Menü“ (Bratwurst im Brötchen mit Senf) ausschließlich auf Holzkohle zu. Und das schmeckt man. Eben summa cum laude. Oder doch lieber einen süßen Kuchen- oder Eis-Stopp? Wie wäre es zum Beispiel mit einer Buttermilch-Honig-Mandel-Kreation oder Holunder-Joghurt mit Chiasamen? Solch ungewöhnliche, aber auch klassische Sorten serviert „Eisfieber“.

Mit der Waffel in der Hand geht’s auf den Stadtwall. Göttingens älteste Grünanlage legt sich wie ein Gürtel um das Stadtzentrum und ist wie gemacht für eine Verschnaufpause unter freiem Himmel. Auch der Cheltenham-Park, der ehemalige Albani-Friedhof oder die Schillerwiesen sind beliebte Oasen zum Chillen.

Samstagabend: Nachtleben mit „Göttingen-Gefühl“

Nach dem Auftanken in der Natur folgt das Eintauchen ins Nachtleben. So international wie die Menschen in der Stadt, so vielfältig ist die Gastronomie: von gutbürgerlich bis afrikanisch, von kubanisch bis japanisch – ihr habt die Qual der Wahl. Doch egal, ob Studentenkneipe, Szene-Restaurant oder Cocktailbar: überall ist dieser einzigartige Mix aus weltoffen und gemütlich zu spüren. Ein Göttingen-Gefühl, dem die französische Sängerin Barbara 1964 ein Chanson widmete – als Hommage an die Stadt und die Völkerverständigung.

Sonntagmorgen: Auf einen Tee ins Café Botanik

Am nächsten Morgen steht Pflanzenkunde auf dem Lehrplan. Was liegt da näher, als ganz entspannt bei einer Tasse frischem Ingwer-Pfefferminz-Tee im „Café Botanik“ in der Nähe des Campus den Tag zu begrüßen? Den Grundstein für den Alten Botanischen Garten legte 1751 der Naturforscher Albrecht von Haller, einer der bedeutendsten Gelehrten des 18. Jahrhunderts. Bis heute ist Göttingen ein Hotspot für schlaue Köpfe, alleine 44 Nobelpreisträger haben hier gelebt.

Das Beste: Ihr könnt an ihren und anderen bahnbrechenden Erfindungen teilhaben. Nicht umsonst heißt Göttingens Slogan: Stadt, die Wissen schafft! Da ist zum Beispiel die Wiechert’sche Erdbebenwarte von 1903, mit Seismographen, die noch immer funktionstüchtig sind. Oder der Gauß-Weber-Laser, der nach Sonnenuntergang von der Sternwarte, in der einst der geniale Mathematiker Carl Friedrich Gauß lebte, grüne Blitze sendet – Botschaften in Form elektromagnetischer Impulse.

Sonntagnachmittag: Planetenweg und Deutsches Theater

Astronomie zum Ablaufen bietet der Planetenweg, eine maßstäbliche Nachbildung der Sonne und der sie umkreisenden Planeten. Er startet in der Goetheallee, nicht weit entfernt vom Bahnhof, und endet beim Bismarckturm hoch oben am Hainberg.

Dazwischen liegt das Deutsche Theater, wo Götz George seine Karriere startete. Unvergessenes Gesicht der Göttinger Filmgeschichte ist aber Heinz Erhardt, der als pingeliger Polizeihauptwachtmeister in „Natürlich die Autofahrer“ an der Weender-Tor-Kreuzung den Verkehr regelte. Daran erinnert eine Stele mit seinem Abbild. Heute bringt der „Tatort“ mit Maria Furtwängler als Chefermittlerin Göttingen-Impressionen auf die TV-Bildschirme.

Titelbild: Die Schillerwiesen sind ein beliebter Treffpunkt für Familien, Freunde und Studenten © Göttingen Tourismus e.V.