Es lohnt sich, Lingen mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dort im Emsland kommen Wanderer, Radfahrer und Wassersportler auf ihre Kosten, es gibt hübsche Traditionen und auch der Einkaufsbummel im Zentrum ist meist von Erfolg gekrönt.

Lingen

Von wegen „ländliche Kleinstadt“ - mit etwa 55.000 Einwohnern ist Lingen die größte Stadt im Emsland und zugleich wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Region. Und hat eine Menge zu bieten, man muss sich nur entscheiden. Aktive fahren am besten Richtung Norden an den Geester See. Das 180 Hektar große, als Speichersee angelegte Gewässer, hat einen langen Badestrand und eignet sich prima zum Segeln und Surfen. Selbst wenn im Emsland Flaute herrscht - hier am See, der 15 Meter höher als das Umland liegt, weht stets ein guter Wind.

Wer noch keine konkreten Pläne hat, schlendert auf den Vorplatz vom Rathaus, schaut sich dort den Schilderbaum an und verschafft sich einen Überblick über Ausflüge in alle Himmelsrichtungen.

Noch nie von den Kivelingen gehört?

Manchmal, mit etwas Glück, erklingt dann das Glocken- und Figurenspiel aus dem historischen Rathausturm. Ein Geschenk der Kivelinge an die Lingener Bürger. Etwa noch nie von den Kivelingen gehört? Ihr Name stammt aus dem Mittelalter und bedeutet „kleine Kämpfer“. Lingen ist bis heute mächtig stolz auf seine Kivelinge – unverheiratete Bürgersöhne, die vor mehr als 630 Jahren die Stadt erfolgreich gegen Eindringlinge verteidigten. Zur Belohnung erhielten die wagemutigen Kerle vom Magistrat das Recht, alle drei Jahre – immer Pfingsten – ein rauschendes Fest zu feiern.

Eine Tradition, an der in Lingen bis heute eisern festgehalten wird. Das mittelalterliche Spektakel findet rund um Marktplatz, Universitätsplatz und Pulverturm statt. Ihren Ritterschlag erhielten die Kivelinge (genauer gesagt deren Nachfolger) von der UNESCO-Kommission: Denn seit Dezember 2018 werden sie in deren Verzeichnis als „immaterielles Kulturerbe“ gelistet.

Ein Campus unter Denkmalschutz

Fast 200 Jahre stand die Stadt an der Ems unter niederländischer Herrschaft. Adlige der Häuser Nassau und Oranien ließen stattliche Gebäude errichten. Darunter die Kreuzkirche und die Universität, die Ende des 17. Jahrhunderts mit den Fakultäten Theologie, Jurisprudenz, Philosophie und Medizin gegründet wurde. Über 2000 Studenten zählt Lingen heute. Galt im 17. Jahrhundert der Universitätsplatz in der Innenstadt noch als Zentrum des Wissens, ist der Campus inzwischen in den denkmalgeschützten Hallen eines stillgelegten Eisenbahnwerkes untergebracht.

Mit dem Rad über die Welfen-Route

Lingen bewegt. Sowohl mit spannender Geschichte als auch mit abwechslungsreichen Naturlandschaften. Besonders Radtouren bieten sich an, die Gegend zu erkunden. Die Welfen-Route (65 km) führt am schnurgeraden Dortmund-Ems-Kanal und später am kurvenreichen Lauf der Hase entlang. Attraktionen am Wegesrand: die Brennerei in Haselünne oder original holländische Pfannkuchen im Café „Olle Nordholter Schoule“.

Die Spinola-Route (37 km) ist nach einem italienischen Feldherrn benannt. Sie verläuft südlich vom malerischen Ortsteil Baccum bis in das Naherholungsgebiet Hanekenfähr. Westlich von Lingen beginnt die Machurius-Tour (55 km). Hier radelt man durch den Lohner Sand, das frühere Revier des Räuberhauptmanns Machurius, der – so die Sage – in der Gegend Angst und Schrecken verbreitete.

Die „kleinen Kämpfer“ von Lingen

Last not least führen alle Wege wieder zurück nach Lingen. Auf den Marktplatz mit seinen Cafés, den hübschen Geschäften und dem Glockenspiel im Rathausturm. Die größte Glocke wiegt 137 Kilogramm. Die kleinste sieben. Alle zusammen verfügen über 40 verschiedene Dur- und Molltonarten. Und erinnern achtmal am Tag an die „kleinen Kämpfer“ von Lingen.

Titelbild: Blick auf den Dortmund-Ems-Kanal bei Lingen © Helmut Kramer