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Bei Gästen aus aller Welt ist Kassel überaus beliebt – nur wir Deutschen haben die hessische Metropole noch nicht so richtig als Städteziel auf dem Plan. Sollten wir unbedingt ändern – denn Kassel ist eine der grünsten, kunstsinnigsten und märchenhaftesten Städte, die wir haben. Acht Gründe, bald mal hinzufahren.

Kassel

Die 202.000 Einwohner zählende Großstadt liegt etwa 70 Kilometer nordwestlich des geografischen Mittelpunkts von Deutschland, nahe den Grenzen zu Niedersachsen und Thüringen. Bis heute erinnern Residenzen und Schlösser an ihre Rolle als ehemalige Hauptstadt der Landgrafschaft Hessen.

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Die documenta

Okay, sie findet nur alle fünf Jahre statt, aber sie wirft ihre Schatten voraus, bleibt in Erinnerung und hat das Bild der Stadt Kassel nachhaltig verändert: Die documenta, seit 1955 in Kassel zu Hause, gilt als die weltweit bedeutendste Ausstellung zur zeitgenössischen Kunst. Immer wieder gelang es ihr in der Vergangenheit, Maßstäbe zu setzen und spannende Kunstdiskurse auszulösen.

Es ist aber auch nicht schlimm, wenn man nicht zur documenta-Zeit Kassel besucht. Denn die vergangenen Ausstellungen haben interessante Spuren hinterlassen – ganz Kassel ist im Prinzip ein Open-Air-Kunstpark. Nur zwei Beispiele: Das Werk „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ von Joseph Beuys verteilt sich in der City und gestaltet den urbanen Raum auch lange nach dem Ende der documenta 7 von 1982. Erkennbar sind die Bäume jeweils durch eine Basaltstele daneben. Auf dem Modehaus SinnLeffers am Friedrichsplatz stehen seit 1992 „Die Fremden” von Thomas Schütte – eine bunte, dort oben etwas verloren wirkende Figurengruppe mit provisorischen Gepäckstücken. Zusatztipp: Schau auch in der Neuen Galerie vorbei. Dort erlebst du neben Werken der klassischen Moderne und des deutschen Impressionismus auch documenta-Kunst der vergangenen Jahrzehnte.

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GRIMMWELT Kassel

Und wenn sie nicht gestorben sind … dann leben sie noch heute: Früher hat man sich Märchen von Generation zu Generation erzählt, in schriftlicher Form gab es sie lange Zeit gar nicht. Jacob und Wilhelm Grimm jedoch, die auch als so etwas wie die Gründungsväter der Germanistik gelten, sammelten im 19. Jahrhundert die Märchen ihrer Heimat und brachten sie schließlich unter dem Titel „Kinder- und Hausmärchen“ als Buch heraus. Ihnen verdanken wir also einen Kulturschatz, mit dem heute fast jedes Kind aufwächst.

Die beiden Grimms wiederum lebten und arbeiteten lange Zeit auch in Kassel. Deshalb kannst du in der vor wenigen Jahren neu entstandenen und mehrfach ausgezeichneten GRIMMWELT Kassel ihre Ideen und die von ihnen gesammelten Märchen auf eine spannende, moderne Weise näher kennenlernen. Multimedial und auch künstlerisch vermittelt tauchst du tief ein in das faszinierende Leben, Schaffen und Wirken der Brüder. Zu den wertvollsten Exponaten zählen übrigens die Handexemplare der Kinder‐ und Hausmärchen – die mittlerweile ins Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen wurden. In ihnen haben Jacob und Wilhelm handschriftliche Notizen zu Blockbustern wie Rotkäppchen oder Hänsel und Gretel gemacht, bevor die Texte endgültig in Druck gingen. Auf dem nahe gelegenen Brüder-Grimm-Platz steht eine Bronzestatue mit den Grimms – dort können Besucher den Museumseindrücken noch etwas nachhängen.

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Wasser marsch im Bergpark Wilhelmshöhe

Den ICE-Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe kennt jeder, der auf dem Weg von Nord nach Süd in Deutschland schon einmal umsteigen musste. Aber wer ahnt schon, dass man dort am besten erst einmal alle „weiteren Reisemöglichkeiten“ ignoriert und das Gepäck einschließt, um durch den Bergpark Wilhelmshöhe zu spazieren? Der hat einen großen Pflanzenreichtum, gilt als der größte Bergpark Europas und liegt nur zwei Kilometer entfernt. Seit 2013 gehört er zum Welterbe der UNESCO – nicht zuletzt wegen seiner gigantischen Wasserspiele. An Mittwoch- und Sonntagnachmittagen (sowie an Feiertagen) stürzen hoch über Kassel während der Sommermonate nämlich bei jeder Wasserspiele-Vorführung über 750.000 Liter Wasser kunstvoll den Berg hinab, und zwar von einem Oktogon, das eine riesige Herkules-Statue bewacht, über künstliche Felsen, Treppen und Aquädukte. Am Ende sorgt eine 50 Meter hohe Fontäne, die im Schlossteich emporsteigt, jedes Mal für lautstarke Ahs und Ohs bei den Gästen aus aller Welt. Einmal im Monat kann man sich das Spektakel abends illuminiert ansehen.

Wie das alles begann? Ab 1689 gestaltete der von der dramatischen Topographie des Standorts inspirierte Landgraf Karl von Hessen-Kassel den barocken Bergpark und den 250 Meter langen Weg des Wassers – bis heute braucht man für das Schauspiel keinerlei Pumpen. Später baute sein Enkel Wilhelm I. weiter. Alles zusammen ist bis heute ein einzigartiges Zeugnis des Europäischen Absolutismus – und ein nicht enden wollendes Sommer-Wasserfest in Kassel. Weitere Sehenswürdigkeiten im Bergpark sind u. a. Schloss Wilhelmshöhe mit seiner Galerie der Alten Meister, der Antikensammlung und der Graphischen Sammlung sowie die künstliche Ruine Löwenburg.

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Streetart-Projekt KolorCubes

Eine der ungewöhnlichsten Kasseler Sehenswürdigkeiten erwartet dich im Szenequartier Schillerviertel: Dort kannst du mittlerweile etwa 30 großformatige Wandbilder des Kasseler Graffiti- und Streetart-Projekts KolorCubes besichtigen – die zur Public Art Gallery geworden sind. Im Schillerviertel befindet sich auch der KolorCubes WorkSpace, ein Kunstatelier mit Kulturbüro, in dem Workshops angeboten werden und Führungen durch die Public Art Gallery starten. Die Graffiti-Kunst lässt sich aber auch mit einem kostenlosen Audioguide entdecken. Den gibt’s hier zum Download aufs Handy:

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Ahle Wurscht

Ein leckerer Exportartikel – weit über die Grenzen Hessens hinaus bekannt: Die Ahle Wurscht ist eine luftgetrocknete oder leicht kaltgeräucherte Dauerwurst aus Schweinefleisch. Die Bezeichnung ,Ahl’ steht für das Wort ‚alt‘, also ‚Alte Wurst‘, denn die Kasseler Spezialität darf sehr lange reifen, damit sie ihren vollen Geschmack entfaltet. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer und Salpeter, regional unterschiedlich kommen aber noch weitere Gewürze hinzu. Die Reifung bei hoher Luftfeuchtigkeit sorgt dafür, dass die Ahle Wurscht recht mürbe wird – ihr unverwechselbares Kennzeichen. Tipp: Beim Bummel durch die wunderschöne Markthalle im historischen Marstall auch gleich Ahle Wurscht kaufen. Insgesamt gibt es dort rund 70 Stände mit feinen Lebensmitteln, Street Food und Spezialitäten aus der Region.

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Insel Siebenbergen

Klingt auch ziemlich märchenhaft – ist aber vor allem ein interessantes Blumenparadies: Die Insel Siebenbergen wurde 1710 künstlich im Staatspark Karlsaue angelegt und gut 100 Jahre später umgestaltet. Der damalige Hofgartendirektor Wilhelm Hentze leitete ab 1834 die kurhessischen Gärten und legte auf dem kleinen Eiland eine Art Botanischen Garten an, in dem er exotische Pflanzen mit einheimischen Blumen kombinierte. Wegen seiner besonderen Begeisterung für Frühblüher verwandelte er die Insel jedes Jahr im Frühjahr in einen bunt getupften Garten. Heute wachsen dort über rund 100 verschiedene Pflanzenarten aus aller Welt – aber die Tradition, das Jahr mit Tausenden Frühblühern zu begrüßen, ist natürlich geblieben.

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Die Bienen vom Dach

In Kassel summt und brummt es auf vielen Dächern, denn Hobbyimker Victor Hernandez betreibt seit einigen Jahren sehr erfolgreich eine Stadthonig-Imkerei – mit ganz viel Herzblut und Leidenschaft. Seine Bienenvölker leben auf Dächern in verschiedenen Kasseler Stadtteilen, denn die City ist so grün, dass die Insekten ausreichend Nahrung finden. Und da innerhalb der Stadt keine Landwirtschaft betrieben wird, die Vielfalt an Pflanzen aber groß ist, produziert Hernandez einen sehr aromatischen und pestizidfreien Blütenhonig. Die hohe Qualität des Kasseler Stadthonigs wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Du kannst ihn im kleinen Hofladen der Imkerei in der Kasseler Nordstadt kaufen – oder im Online-Shop. Victor Hernandez bietet für Interessierte auch Führungen rund um die Kasseler Bienen an, die er „Rendezvous mit der Queen“ nennt.

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Naturkundemuseum im Ottoneum

Klima, Evolution, Weltenwandel – wenn das keine aktuellen Themen sind: Das Naturkundemuseum Kassel zeigt, wie sich die lokale Natur in Hessen in den vergangenen 400 Millionen Jahren verändert hat. Dabei begegnest du Tieren, Landschaften und klimatischen Bedingungen damals und heute. Die interaktive Präsentation der regionalen Erd‐ und Naturgeschichte mit aufwändig gestalteten Lebensraum-Inszenierungen macht das Ottoneum auch zum spannenden Familien-Museumsziel. Denn du triffst dort auch auf Mammuts, Höhlenbären und Dinos. Regelmäßig stehen Sonderausstellungen auf dem Programm (noch bis 4. September 2021 zum Beispiel eine über Tierkinder einst und heute).

Mit der Bahn bequem und ohne Stau nach Kassel: Anreise planen.

Titelbild: Es gibt viele Gründe nach Kassel zu fahren – der Blick vom Herkules auf die Stadt ist nur einer davon © Andreas - stock.adobe.com

In Zusammenarbeit mit Hessen Tourismus

Wandern durch stille Mittelgebirge, alte Buchenwälder oder Streuobstwiesen, Paddeln auf der Lahn, schönstes mittelalterliches Fachwerk gucken und die Atmosphäre historischer Kurorte schnuppern – Hessen macht romantische Seelen rundum glücklich. Bei Weinwanderungen, in hessischen Metzgereien und bei „Handkäs mit Musik“, einem eingelegten Käse, kommen aber auch Genießer voll auf ihre Kosten. Gründe für einen Urlaub in Hessen gibt es genug!

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